Nach Niederlage im Parlament: May fährt geschwächt nach Brüssel

14.12.2017 04:28

Kurz bevor der EU-Gipfel die Ausweitung der Brexit-Gespräche in
Brüssel besiegeln soll, muss die britische Premierministerin May eine
heftige Schlappe im Parlament hinnehmen. Sie wird das endgültige
Austrittsabkommen wohl den Abgeordneten in London vorlegen müssen.

London (dpa) - Die britische Premierministerin Theresa May reist an
diesem Donnerstag mit einer schweren Niederlage im Gepäck zum
EU-Gipfel in Brüssel. Bei einer Abstimmung am Mittwochabend im
britischen Parlament sicherten sich die Abgeordneten gegen den Willen
der Regierung das Recht, über ein Brexit-Abkommen abstimmen zu
dürfen. Mehrere Rebellen aus der Regierungsfraktion hatten sich dafür
mit der Opposition verbündet. Der Änderungsantrag zum
EU-Austrittsgesetz wurde mit 309 Stimmen angenommen, nur 305
Abgeordnete stimmten mit der Regierung ab.

Nach der Erleichterung der vergangenen Woche über den Durchbruch bei
den Brexit-Gesprächen ist das ein erheblicher Dämpfer für May. In
einer Stellungnahme teilte die Regierung mit, sie sei enttäuscht.

«Die Niederlage ist ein demütigender Autoritätsverlust für die
Regierung am Vorabend des EU-Gipfels», twitterte Oppositionsführer
Jeremy Corbyn. Der geänderte Text des Gesetzentwurfs zwingt die
Regierung, das Abkommen über den EU-Austritt mit Brüssel durch ein
Gesetzgebungsverfahren im Parlament absegnen zu lassen. Die
Parlamentarier wollen sich damit mehr Einfluss auf die
Brexit-Verhandlungen in Brüssel sichern.

Sollte es dabei bleiben, käme die britische Regierungschefin weiter
unter Druck. Sie regiert mit einer hauchdünnen Mehrheit von nur
sieben Mandaten. Jetzt muss sie möglicherweise Zugeständnisse an
EU-freundliche Abgeordnete in der Regierungsfraktion machen, um das
Ja des Parlaments zum Abkommen mit Brüssel zu erhalten. Das könnte
bedeuten, dass sie weiter von ihrer harten Brexit-Linie abrücken
muss.

Trotzdem gab sich die Regierung nach der Abstimmung kämpferisch. «Wir
werden nun herausfinden, welche weiteren Änderungen an dem Gesetz
notwendig sind, um sicherzustellen, dass es seinen wichtigen Zweck
erfüllt.» Noch gibt es die Möglichkeit, den Gesetzentwurf weiter zu
verändern.

Brexit-Hardliner warfen den EU-freundlichen Tory-Rebellen unter
Führung des Ex-Generalstaatsanwalts und konservativen Abgeordneten
Dominic Grieve vor, das ganze EU-Austrittsgesetz behindern zu wollen.

Bis zuletzt hatte die Regierung versucht, die Rebellen auf Linie zu
bringen. Doch auf einen Kompromissvorschlag in letzter Minute sagte
ein verbittert wirkender Grieve: «Es ist zu spät.»

Mit dem EU-Austrittsgesetz soll die Geltung von EU-Recht in
Großbritannien beendet werden. Gleichzeitig sollen alle
EU-Vorschriften in nationales Recht übertragen werden, damit beim
Austritt kein Chaos entsteht. May muss mit weiteren Niederlagen in
den kommenden Wochen rechnen. Zu dem Gesetz waren Hunderte
Änderungsanträge eingebracht worden.