Gipfeltreffen in Brüssel: EU-Staaten suchen gemeinsame Linie

14.12.2017 04:59

Der letzte EU-Gipfel in diesem Jahr sollte eigentlich ganz im Zeichen
des Aufbruchs stehen. Doch ein seit Jahren ungelöster Streit sorgt
bereits davor für schlechte Stimmung.

Brüssel (dpa) - Ein eskalierender Streit über die Flüchtlingspolitik,

die schwierigen Brexit-Verhandlungen und neue Probleme durch die
Politik von US-Präsident Donald Trump: Beim letzten EU-Gipfel in
diesem Jahr warten auf Bundeskanzlerin Angela Merkel schwierige
Themen. Gemeinsam mit den Staats- und Regierungschefs der anderen
EU-Staaten wird Merkel an diesem Donnerstag und Freitag in Brüssel
nach einer gemeinsamen Linie suchen müssen. Bis zuletzt sah es
allerdings nicht so aus, als ob es in wichtigen Frage große
Fortschritte oder sogar einen Durchbruch geben könnte.

Die seit 2015 andauernde Auseinandersetzung über die Asylpolitik in
Europa gewann kurz vor dem Gipfel sogar noch einmal an Schärfe.
EU-Kommission und Europaparlamentarier übten am Mittwoch heftige
Kritik an Gipfelchef Donald Tusk, der die Pflicht aller EU-Staaten
zur Aufnahme von Flüchtlingen infrage gestellt hatte.

Konkret geht es bei dem Streit vor allem darum, wie künftig im Fall
einer Flüchtlingskrise besonders stark betroffene Staaten entlastet
werden können. Die EU-Kommission und Länder wie Deutschland sind
dafür, ein Konzept zu beschließen, das zumindest bei einem sehr
starken Zustrom eine Umverteilung inklusive Aufnahmepflicht vorsieht.
Polen, Ungarn und Tschechien lehnen hingegen jegliche Art von Zwang
bei der Aufnahme von Flüchtlingen ab.

Weitere heikle Gipfelthemen sind der Umgang mit der US-Entscheidung,
Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen und die
Brexit-Verhandlungen mit der Regierung in London. Die britische
Premierministerin Theresa May reist an diesem Donnerstag mit einer
schweren Niederlage im Gepäck zum EU-Gipfel in Brüssel. Bei einer
Abstimmung am Mittwochabend im britischen Parlament sicherten sich
die Abgeordneten gegen den Willen der Regierung das Recht, über ein
Brexit-Abkommen abstimmen zu dürfen.

Für die verbleibenden EU-Staaten bedeutet dies mehr Unsicherheit. Sie
wollen eigentlich am Freitag entscheiden, die zweite Phase der
Brexit-Verhandlungen zu starten, nachdem May in der vergangenen Woche
weitreichende Zugeständnisse bei Grenz- und Finanzfragen gemacht
hatte.

Aus dem Pariser Élyséepalast hieß es, der Gipfel sei «eine Art Test

für die europäische Dynamik». Es gehe darum, eine Reihe von Erfolgen

herauszustellen - etwa in der Verteidigungspolitik, die diese Woche
mit dem offiziellen Start einer ständigen militärischen
Zusammenarbeit von 25 EU-Staaten deutlich gestärkt wurde. Paris
stellte dies auch in den Kontext der Vorschläge von Präsident
Emmanuel Macron zur Reform der EU. «Es ist sehr wichtig, dass diese
Dynamik nicht abbricht», hieß es.

Frankreich wünscht sich vor allem Reformen zur Stärkung der Eurozone,
die wie der Brexit am Freitag diskutiert werden sollen. Konkrete
Ergebnisse oder Entscheidungen werden allerdings nicht erwartet -
auch weil sich Deutschland bislang nicht klar positioniert hat.
Vorankommen könne die EU bei dem Thema wohl frühestens dann, wenn in

Deutschland die Regierungsbildung abgeschlossen sei, heißt es in
Brüssel aus Diplomatenkreisen.