Österreichs Kanzler Kurz in Paris: «Geben Sie uns eine Chance»

12.01.2018 17:35

Frankreichs Präsident Macron spricht beim Antrittsbesuch von Kanzler
Kurz offen an, dass das Regierungsbündnis mit der rechten FPÖ Sorgen
ausgelöst hat. Es gibt aber auch Themen, bei denen beide auf gleicher
Welle liegen.

Paris (dpa) - Österreichs Kanzler Sebastian Kurz hat in Paris
Sympathien für die französischen Initiative zur Reform der EU
bekundet. «Das Positive ist, dass wir in sehr vielen Fragen eine
Gemeinsamkeit haben, eine fast gleiche Linie haben», sagte Kurz bei
einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem französischen Präsidenten
Emmanuel Macron. Er bat mit Blick auf die französischen Journalisten
darum, seiner Koalition mit der rechten FPÖ eine Chance zu geben und
sie an ihren Taten zu messen.

Macron sprach offen an, dass die Zusammenarbeit von Kurz'
konservativer Volkspartei ÖVP mit der FPÖ Sorgen ausgelöst habe. Er

verwies aber darauf, dass Kurz den Willen zu einer Agenda bekundet
habe, «die absolut den europäischen Werten entspricht». «Daran werd
en
wir gemessen werden zu einem Zeitpunkt, zu dem einige andere
(EU-)Mitgliedstaaten sich zögernd verhalten», sagte der Franzose in
einer offensichtlichen Anspielung auf Staaten wie Polen und Ungarn.

«Ich bedauere überall die extreme Rechte, in meinem Land bekämpfe ich

sie», sagte Macron. «Aber wenn sie da ist, liegt es daran, dass wir
keine Antworten auf die Ängste gegeben haben, aus denen sie sich
nährt.» Aus seiner Sicht sei Ehrgeiz für Europa die beste Antwort auf

Extreme.

Kurz betonte, beide Länder verbinde der Wille zu einer positiven
Veränderung in der Europäischen Union. Er unterstützte Macrons Idee,

demokratischen Konvente über die künftige Entwicklung der EU
abzuhalten. Macron räumte jedoch ein, dass es auch Punkte gibt, bei
denen Kurz und er auseinanderliegen.

Der Österreicher äußerte sich vor dem Treffen skeptisch über Macron
s
Pläne für ein «Europa verschiedener Geschwindigkeiten». «Es kann

nicht auf Dauer Mitglieder erster und zweiter Klasse innerhalb der
Union geben», sagte er der Tageszeitung «Le Figaro». Damit ist
gemeint, dass Staatengruppen innerhalb der Gemeinschaft ihre
Zusammenarbeit bei bestimmten Themen verstärken können, auch wenn
nicht alle EU-Mitglieder mitziehen wollen.

Der 31-jährige Kurz war im Dezember als jüngster Regierungschef
Europas vereidigt worden. Er hatte seitdem mehrfach demonstrativ eine
pro-europäische Haltung seiner Regierung mit der FPÖ betont.