Rumänien: EU-Parlamentarierin für Amt des Regierungschefs nominiert

17.01.2018 18:12

Rumänien bekommt erstmals eine Regierungschefin. Allerdings weckt die
EU-Abgeordnete Dancila keinerlei Hoffnungen auf einen verstärkten
Anti-Korruptions-Kampf, da sie als Verbündete ihres vorbestraften
Parteichefs Dragnea gilt.

Bukarest (dpa) - Die EU-Abgeordnete Viorica Dancila soll neue
Regierungschefin in Rumänien werden. Sie wäre die erste Frau in
diesem Amt in Bukarest. Staatspräsident Klaus Iohannis schlug die 54
Jahre alte Politikerin der sozialdemokratischen PSD am Mittwoch dem
Parlament als Nachfolgerin des am Montag zurückgetretenen
Ministerpräsidenten Mihai Tudose vor. Iohannis, der der bürgerlichen
Opposition nahesteht, handelte damit auf Druck des PSD-Vorstands.

Dancila verdankt ihre bisherige Karriere dem umstrittenen PSD-Chef
Liviu Dragnea, der nicht selbst regieren darf, weil er vorbestraft
ist. Kritiker erwarten nun, dass Dancila Dragneas Vorstellungen
lückenlos erfüllen wird.

Die Parlamentsabstimmung über Dancilas Kandidatur ist für den 29.
Januar geplant. Ihre Wahl gilt als sicher, weil die PSD und der
kleinere Koalitionspartner ALDE eine Mehrheit haben. Iohannis hatte
diese Nominierung ausschließlich mit dieser «Parlamentsarithmetik»
begründet. Auch ALDE hatte der Nominierung Dancilas zugestimmt.

Rumänien bekommt damit die dritte Regierung innerhalb eines Jahres.
Grund sind Dragnea Probleme mit der Justiz. Gegen ihn laufen zwei
Verfahren wegen Korruptionsvorwürfen, daher will er das Strafrecht
mildern lassen.

Tudose war nach einem wochenlangen Konflikt mit Dragnea
zurückgetreten. Unter anderem war Tudose in Ungnade gefallen, weil er
zwei Dragnea-treue Ministerinnen entlassen hatte, gegen die die
Staatsanwaltschat wegen Korruptionsvorwürfen ermittelt. Sein
Vorgänger Sorin Grindeanu war im Juni 2017 von seiner eigenen Partei
im Parlament gestürzt worden, weil er Dragneas Forderungen bezüglich
der Strafrechtsänderungen nicht nachgekommen war.

Viele Anhänger von Iohannis hatten verlangt, dass der Staatschef
einen Politiker des bürgerlich-liberalen Oppositionslagers als
Kandidaten für den Premiersposten vorschlägt. Dazu hätte Iohannis
formell das Recht gehabt. Zahlreiche Anhänger des Staatspräsidenten
reagierten enttäuscht. Nachdem er Dancilas Nominierung angekündigt
hatte, verlor der Staatschef innerhalb von nur einer Stunde etwa 1000
Likes auf seiner Facebook-Seite.