Britisches Unterhaus verabschiedet EU-Austrittsgesetz

18.01.2018 11:40

Wochenlange Debatten, Hunderte von Änderungsanträgen: Das Unterhaus
in London hat das EU-Austrittsgesetz letztendlich durchgewunken. Doch
ihr Ziel hat Premierministerin Theresa May damit noch nicht erreicht.

London (dpa) - Kein Ende der Zitterpartie: Das umstrittene
EU-Austrittsgesetz muss nach der Verabschiedung im britischen
Unterhaus noch weitere hohe Hürden im Parlament überwinden. Denn das
Gesetz kommt jetzt in das mehrheitlich EU-freundliche Oberhaus -
Änderungsanträge der Lords sind damit wahrscheinlich.

Schon im Unterhaus waren in den vergangenen Wochen Hunderte von
Änderungsanträgen eingebracht worden. Dennoch wurde das Gesetz am
Mittwochabend erwartungsgemäß mit 324 zu 295 Stimmen verabschiedet.
Noch an diesem Donnerstag wollten sich Mitglieder des Parlaments zu
einem parteiübergreifenden Meinungsaustausch treffen.

Er sei froh, dass das Gesetz erfolgreich diese Stufe im Parlament
erreicht habe, teilte Brexit-Minister David Davis nach der Abstimmung
mit. Brexit-Sprecher Keir Starmer von der oppositionellen
Labour-Partei kritisierte es aber als nicht «für den Zweck geeignet».


Die Regierung will mit dem Gesetz das EU-Recht in Großbritannien nach
dem Brexit außer Kraft setzen. Gleichzeitig sollen Tausende
EU-Vorschriften aus allen Lebensbereichen in nationales Recht
übertragen werden, damit am Tag des Austritts kein Chaos entsteht. Es
geht etwa um Arbeitnehmerrechte sowie Verbraucher- und Umweltschutz.

Premierministerin Theresa May ist seit einer schiefgelaufenen Neuwahl
im vergangenen Juni politisch angeschlagen und regiert nur mit einer
hauchdünnen Mehrheit. Ihre Regierung, die von der nordirischen DUP
unterstützt wird, ist sich im Brexit-Kurs häufig uneins.

Erst kürzlich musste May einen Kompromiss beim Austrittsdatum
hinnehmen. Sie wollte den 29. März 2019 im EU-Austrittsgesetz
festschreiben lassen; Tory-Rebellen lehnten das ab. Sie befürchteten,
dass das Datum eventuell nicht einzuhalten ist. Die Lösung: Das Datum
wird zwar im Gesetz verankert, kann aber im Notfall geändert werden.

Am 23. Juni 2016 hatte sich eine knappe Mehrheit der Briten in einem
historischen Referendum für einen EU-Austritt entschieden.

Brüssel bot London nach dem Brexit eine Übergangsfrist bis zum 31.
Dezember 2020 an. In diesem Zeitraum sollen für Großbritannien alle
Rechte und Pflichten des Binnenmarktes und der Zollunion gelten. In
dieser Phase dürfe London aber kein Mitspracherecht in europäischen
Institutionen bekommen und keine eigenen Handelsverträge abschließen.

In der Regel wählen die Briten alle fünf Jahre ihre Abgeordneten im
Unterhaus (House of Commons), die meisten Mitglieder des Oberhauses
(House of Lords) werden dagegen auf Lebenszeit ernannt. Üblicherweise
müssen Entscheidungen des einen Hauses im anderen bestätigt werden.