Facebook prüft möglichen russischen Einfluss auf Brexit-Referendum

18.01.2018 14:46

Machten aus Russland gesteuerte Facebook-Accounts Stimmung für den
Brexit? Facebook fand erst keine Hinweise darauf - schaut jetzt aber
noch einmal genauer hin.

London (dpa) - Facebook wird nach Druck aus der britischen Politik
ausführlich prüfen, ob das Online-Netzwerk für russische Kampagnen
zur Brexit-Entscheidung missbraucht wurde. Dabei solle nach weiteren
Accounts gesucht werden, bei denen es eine Verbindung zu russischen
Stellen geben könnte, erklärte Facebook am Mittwoch in einem Brief an
einen Ausschuss des britischen Parlaments.

In einem ersten Schritt war nur geprüft worden, ob bekannte
Facebook-Profile, die bereits als von Russland beeinflusst galten,
vor dem Brexit-Referendum aktiv gewesen seien. Dabei gab es laut
Facebook nur «minimale» Aktivität. So hieß es, die sogenannte
«Internet Research Agency», die mit politisierten Beiträgen zur
US-Präsidentenwahl 2016 in den Mittelpunkt rückte, habe vor dem
britischen Referendum im Sommer des Jahres nur knapp einen Dollar für
drei Anzeigen ausgegeben. Der Ausschuss für Digitales, Kultur und
Medien fand die Antwort jedoch unzureichend und forderte, auch nach
anderen Accounts mit möglichen russischen Verbindungen zu suchen.

Die jetzt beschlossene vertiefte Überprüfung sei aufwendig und werde
Zeit brauchen, da die dafür benötigten Experten auch aktuell
beschäftigt seien, erklärte Facebook. Das Online-Netzwerk würde sich

über Hinweise wie britische Geheimdienst-Analysen freuen.

Der Ausschuss-Vorsitzende Damian Collins erklärte, es sei bekannt,
dass russische Stellen Twitter-Bots während des Brexit-Referendums
betrieben hätten. Es sei wahrscheinlich, dass sie auch bei Facebook
unterwegs gewesen seien.

In den USA sieht Facebook nach monatelangen Untersuchungen einen
massiven koordinierten Versuch von russischer Seite, die Spannungen
in der amerikanischen Gesellschaft zu verstärken und zur Wahl von
Donald Trump zum Präsidenten beizutragen. In Frankreich und
Deutschland blockierte Facebook im vergangenen Jahr vor den
Parlamentswahlen Zehntausende fingierte Profile. Immer wieder wurde
spekuliert, genauso sei auch versucht worden, ein «Ja» zum Austritt
Großbritanniens aus der EU herbeizuführen. Die russische Regierung
weist alle Vorwürfe zurück.

Nadine Schön, die stellvertretende Vorsitzende der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sagte, digitale Netzwerke müssten endlich
mehr Verantwortung dafür übernehmen, was auf ihren Plattformen
passiere. Fake Accounts, Fake Follower oder Social Bots hätten nicht
nur das Potenzial, Meinung zu beeinflussen. «Sie können allein durch
ihre Masse Statistiken und Trends manipulieren und damit regelrechte
Kampagnen auszulösen.» Um mehr Transparenz zu schaffen, sollte in
einem ersten Schritt eine Kennzeichnung von Social Bots geprüft
werden, forderte Schön. «Dann weiß der Nutzer wenigstens, dass er es

mit einem Programm und nicht mit einem Menschen zu tun hat.»