Viel Festa, viel Feuerwerk: Valletta als Kulturhauptstadt Europas Von Annette Reuther und Herman Grech, dpa

21.01.2018 12:36

Akrobaten schweben über einen frisch renovierten Brunnen, Feuerwerk
knallt, Lichter verwandeln historische Gebäude in Leinwände. Maltas
Kapitale Valletta feiert sich als Europäische Kulturhauptstadt. Aber
nicht jeder ist zufrieden.

Valletta (dpa) - Mit spektakulären Shows hat Valletta das Jahr als
Europas Kulturhauptstadt 2018 eingeläutet. Etwa 110 000 Menschen
kamen am Samstagabend zu der Eröffnung in der Hauptstadt Maltas. Auf
den zentralen Plätzen der Unesco-Welterbe-Stadt gab es Musik,
Akrobatik, Lichtshows und Feuerwerke zu sehen. Auf der Inselgruppe
sind das Jahr über rund 400 Kulturevents geplant, die sich mit der
Identität der Mittelmeerinsel und europäischer Integration
auseinandersetzen sollen.

Staatspräsidentin Marie Louise Coleiro Preca sprach beim Start in das
Kulturhauptstadt-Jahr von «Initiativen höchster Qualität, die die
einzigartige Kultur» der Insel unterstrichen und auch die
Unterschiedlichkeit jedes Menschen zeigten. Premierminister Joseph
Muscat sagte, das Jahr als Kulturhauptstadt sei eine Chance, «um
unser Erbe zu zeigen».

Valletta ist mit seinen ungefähr 6000 Einwohnern die kleinste und
südlichste Hauptstadt in der EU. Die Stadt liegt in einer Festung und
lebt vor allem vom Tourismus. Viele Gebäude und Orte wurden für das
Jahr als Kulturhauptstadt renoviert. So zum Beispiel der
Tritonenbrunnen. Dort führte die katalanische Theatergruppe Fura dels
Baus bei der Eröffnung eine Show auf - mit an Seilen hängenden
Akrobaten und einer riesigen leuchtenden marionettenartigen Figur.

Neben Valletta ist das niederländische Leeuwarden in diesem Jahr
Kulturhauptstadt Europas. Dort beginnen am 26. Januar die
Eröffnungsfeierlichkeiten. Die Hauptstadt der Provinz Friesland ist
eine der eigenwilligsten Städte des Landes und stolz darauf. Es ist
ein Kontrast zum südlichen Malta, das vor Afrika im Meer liegt.

Das rund 100 000 Einwohner zählende Leeuwarden liegt dagegen im hohen
Norden am Wattenmeer. Es ist nicht gerade eine hippe Kulturmetropole
wie Amsterdam oder Rotterdam. Aber die Friesen wollen zeigen, wie sie
mit Problemen ländlicher Regionen umgehen: Armut, Überalterung,
Klimawandel, das Sterben der Dörfer. Leeuwarden will ein Labor sein
für Europa, wie man die Zukunft eigensinnig, kreativ und mutig
gestalten kann.

Nach der Eröffnung in Valletta lobten Zuschauer in sozialen
Netzwerken zwar die Shows und die «Festa». Jedoch beschwerten sich
viele über ein Verkehrschaos - der öffentliche Nahverkehr auf der
notorisch staugeplagten Insel ließ demnach zu wünschen übrig. Andere

beklagten, dass die Ansagen für das Fest einzig auf Maltesisch waren
und nicht auf Englisch, wie es sich für eine europäische
Veranstaltung gehören würde.

Kunstschaffende hatten zudem im Vorfeld kritisiert, dass es Malta
mehr um Feuerwerke und Spektakel für Touristen gehe als um kritische
zeitgenössische Kunst. Das Land wurde vergangenen Oktober von einem
Mord an einer Journalistin erschüttert, der bisher nicht
aufgearbeitet ist. Bei den Feiern zur Kulturhauptstadt spielte der
Anschlag auf Daphne Caruana Galizia keine Rolle.

«Das Programm wurde gemacht, um Verbindungen zu schaffen, Ideen
auszutauschen, Ideologien zu überwinden und um Freude zu bereiten»,
sagte der «V18»-Leiter Jason Micallef.

Valletta wurde der Titel vor sechs Jahren verliehen. Die EU fördert
mit der Initiative Kulturprojekte und die europäische Integration. In
Deutschland trug zum Beispiel Essen mit dem Ruhrgebiet 2010 den
Titel.