Korruptionsverdacht: Lettlands Zentralbankchef festgenommen

18.02.2018 19:31

Erst Durchsuchung, dann Festnahme: Lettlands Anti-Korruptionsbehörde
geht gegen den Zentralbankchef des Landes vor. Zu den genauen Gründen
für die Ermittlungen gegen das EZB-Ratsmitglied äußert sich niemand.


Riga (dpa) - Lettlands Anti-Korruptionsbehörde KNAB hat den 
Zentralbankchef des baltischen Euro-Landes, Ilmars Rimsevics,
vorübergehend festgenommen. Dies teilte das Büro von Regierungschef

Maris Kucinskis am Sonntag in Riga ohne nähere Informationen zu den
Gründen mit. Ermittler hatten Medienberichten zufolge zuvor die 

Privatwohnung und das Büro von Rimsevics durchsucht. Der 52-Jährige
sei zudem mehr als sieben Stunden lang von KNAB befragt worden. 
   

«Im Moment haben weder ich noch andere Amtspersonen irgendeinen 

Grund, in die Arbeit von KNAB einzugreifen. Die Behörde arbeitet

professionell und genau», erklärte Kucinskis in einer Mitteilung.
 
«Die Regierung vertraut voll und ganz der Behörde und ist bereit,
jede erforderliche Unterstützung zur Verfügung zu stellen.» Es gebe

«keine Anzeichen für eine Gefahr für das lettische Finanzsystem».
 

Was Rimsevics konkret vorgeworfen wird, wurde zunächst nicht 
bekannt. Weder KNAB noch die Regierung äußerten sich dazu. Ri
msevics'
Anwalt bezeichnete die Festnahme als «klar unrechtmäßig». E
rfolgt sei
sie wegen eines angeblichen Vorfalls vor einigen Jahren, sagte er der
lettischen Agentur Leta. Nähere Angaben dazu machte er nicht. 

Rimsevics befindet dem Anwalt zufolge in einer Polizeistation. Nach
lettischem Recht können Behörden eine Person 48 Stunden lang
festhalten und müssen nach Ablauf der Frist entscheiden, ob
der Festgenommene zum Verdächtigen erklärt wird. 

Ein Sprecher der Zentralbank sagte dem lettischen Rundfunk, das
oberste Finanzinstitut des Baltenstaats arbeite wie gewohnt.
Einzelheiten zu den Ermittlungen gegen Rimsevics und dessen
Verbleib seien der Bank nicht bekannt. In dessen Abwesenheit sollen
die Amtsgeschäfte nun von Rimsevics' Stellvertreterin Zoja Razmus
a
übernommen werden. 

Finanzministerin Dana Reizniece-Ozola rief Rimsevics auf einer
Pressekonferenz dazu auf, während der Untersuchung sein Amt ruhen zu
lassen. Warum der Zentralbankchef festgenommen wurde, ließ auch sie
offen. Wirtschaftsminister Arvils Aseradens sagte im Radio, die
Festnahme von Rimsevics gefährde den internationalen Ruf Lettlands.
 

Für Montag berief Kucinskis eine Sondersitzung der Regierung in Rig
a
ein. KNAB kündigte zu Wochenbeginn eine gemeinsame Pressekonferenz
mit der Polizei an. Zur Situation im lettischen Bankensektor
wird zudem der Nationale Sicherheitsrat zusammentreffen, wie die
lettische Präsidialkanzlei mitteilte. 

Rimsevics steht seit 2001 an der Spitze der Zentralbank. Seit dem
Euro-Beitritt Lettlands 2014 gehört er auch dem Rat der Europäischen

Zentralbank (EZB) an.