Trump lässt EU bei Zöllen vorerst außen vor - Strafpaket für China

23.03.2018 03:25

Atempause für die Stahlexporteure in Deutschland und der EU: Die
USA nehmen ihre europäischen Verbündeten und einige weitere Staaten
erst einmal von erhöhten Zöllen auf Stahl und Aluminium aus. China
trifft es dagegen hart. Auch Europa droht jedoch ein Quotierung.

Washington (dpa) - Einlenken in letzter Minute: Wenige Stunden vor
Inkrafttreten von erhöhten Einfuhrzöllen auf Stahl und Aluminium
haben die USA angekündigt, die Länder der Europäischen Union und
weitere Partner vorerst davon zu befreien. Zugleich unterzeichnete
US-Präsident Donald Trump am Donnerstag ein Dekret, das vorsieht, den
Rivalen China mit milliardenschweren Strafzöllen zu belegen. Die
deutsche Wirtschaft begrüßte die Entscheidung für die EU, sieht aber

noch viele Fragen offen. China teilte mit, mit Handelsstrafen gegen
Washington zu antworten. Geplant sind Zölle im Umfang von 3
Milliarden Dollar, wie das Pekinger Handelsministerium am Freitag
mitteilte.

Trumps Handelsbeauftragter Robert Lighthizer sagte vor einem
Senatsausschuss mit Blick auf Europa und andere befreundete Staaten
in Washington: «Wozu er sich entschieden hat, ist, die Einführung der
Zölle in Bezug auf diese Länder auszusetzen.» Außer die 28 EU-Staat
en
betrifft dies auch Südkorea, Argentinien, Australien und Brasilien.
Die US-Nachbarn Mexiko und Kanada hatte Trump ohnehin für die Zeit
der Nachverhandlungen zum Freihandelsabkommen Nafta ausgenommen.

Der Wirtschaftsberater im Weißen Haus, Peter Navarro, erklärte am
Abend (Ortszeit) im Fernsehsender CNN, alle Länder, die von den
Zöllen ausgenommen würden, müssten mit Quotierungen ihrer
Stahlimporte rechnen. «Wenn man keine Quote verhängt, dann kann jedes
Land zum Transitland für jedes andere Land werden», sagte Navarro.
Somit könnten die Importe etwa auf dem Niveau von 2017 eingefroren
werden.  

Trump hatte vor zwei Wochen umfassende Einfuhrzölle auf Stahl von 25
Prozent und auf Aluminium von 10 Prozent verhängt. In der
entsprechenden Proklamation hatte es geheißen, sie sollten binnen 15
Tagen in Kraft treten. Dies wäre an diesem Freitag.

Die EU wartet nach den Worten von Kanzlerin Angela Merkel allerdings
noch auf eine offizielle Bestätigung der US-Regierung zu der
Entscheidung. Man könne «noch nicht abschließend sagen, wie die
Entscheidungen jetzt wirklich gelaufen sind», sagte Merkel am frühen
Freitagmorgen nach Beratungen des EU-Gipfels in Brüssel. Sollte es
doch zu Zollerhebungen gegen die EU kommen, werde die Gemeinschaft
antworten. Die EU werde reagieren, wenn sie glaube, dass
internationale Handelsregeln verletzt werden.

In Berlin sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), man nehme die
Ankündigung der US-Regierung «mit Erleichterung» zur Kenntnis. «Den
n
Protektionismus ist der falsche Weg. Der freie Handel ist eine
Grundlage für unseren Wohlstand.»

Mit Blick auf China kündigte Trump ein Paket an, das Zölle und andere
Maßnahmen im Volumen von etwa 60 Milliarden US-Dollar enthalten soll.
Trump warf China unfaire Handelspraktiken und den Diebstahl geistigen
Eigentums vor. Er sagte, man sei mit China in Verhandlungen, schreite
aber in der Zwischenzeit voran.

Das Handelsdefizit mit China werde sich durch die Maßnahmen sofort um
100 Milliarden US-Dollar reduzieren. Die Zeiten seien vorbei, in
denen China auf Kosten der USA wirtschafte. Trumps Handelsberater
Peter Navarro sagte Reportern, man spreche seit 2003 mit China.
«Seither haben sie im Prinzip unsere Technologie völlig ausgeraubt.»


China teilte als Reaktion auf die US-Pläne mit, auf
US-Schweinefleisch könnte ein Einfuhrzoll in Höhe von 25 Prozent
erhoben werden. Für Stahlrohre, Früchte und Wein wurden Zölle in Hö
he
von 15 Prozent ins Spiel gebracht. Das Handelsministerium rief die
USA dazu auf, den Handelskonflikt noch durch Gespräche zu lösen,
um «einen Schaden für die gegenseitigen Beziehungen zu verhindern».


Die parteinahe chinesische Zeitung «China Daily» hatte schon vor
Trumps Ankündigung den Rest der Welt dazu aufgefordert, gegen die USA
zusammenzustehen: «Da die Vereinigten Staaten ihren Kurs nicht zu
korrigieren scheinen, sollten andere Länder aufhören zu hoffen, dass

ihnen protektionistische Schüsse (durch die USA) erspart bleiben.»

Der Präsident des Europaparlaments begrüßte in Brüssel beim EU-Gipf
el
die Nachricht aus Washington. «Sollte dies offiziell bestätigt
werden, dann ist das sicher eine Nachricht, die in die richtige
Richtung geht», sagte Antonio Tajani. Europa stelle keine Gefahr für
die USA dar. Das Problem der Überkapazitäten auf dem internationalen
Stahlmarkt wurzele in China.

Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft reagierten erleichtert.
«Das ist eine gute Nachricht für den transatlantischen Handel: Sowohl
für den Wirtschaftsstandort Deutschland als auch für die USA», sagte

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Strafzölle hätten der deutschen
Wirtschaft erhebliche Absatzeinbußen beschert und keinem einzigen
Unternehmen geholfen, weder diesseits noch jenseits des Atlantiks.

«Uns fällt ein großer Stein vom Herzen», sagte auch der Präsident
des
Außenhandelsverbandes BGA, Holger Bingmann. Das Ausnehmen der EU von
den «unsinnigen» US-Strafzöllen sei ein Sieg der Vernunft, zumindest

vorläufig.

Der US-Präsident und sein Handelsminister Wilbur Ross hatten für die
Strafzölle die nationale Sicherheit angeführt - für Europa ein
Scheinargument. Es gehe vielmehr um die Auslastung der US-Stahlwerke.
Laut Ross arbeitet die US-Stahl- und Aluminiumindustrie deutlich
unter ihrem Kapazitätslimit. Die Maßnahmen sollen die Werke auf einen
Auslastungsgrad von 80 Prozent hochfahren.

Allerdings hatten zahlreiche andere Branchen Bedenken angemeldet. Sie
befürchten, durch Vergeltungsmaßnahmen aus dem Ausland getroffen zu
werden. So profitieren etwa die Hersteller von Getränkedosen derzeit
von billigem Import-Aluminium.