Brüssels Kampf gegen den Terror: «Darf keine Schlupfwinkel geben»

17.04.2018 17:30

Europa soll besser gegen Terroranschläge geschützt werden. Bislang
dauern Ermittlungen zu lange, Dokumente sind leicht zu fälschen. Das
soll sich nun nach dem Willen der EU-Kommission ändern.

Straßburg (dpa) - Kriminelle und Terroristen sollen es in Europa
künftig deutlich schwerer haben. Die EU-Kommission präsentierte am
Dienstag mehrere Vorschläge, die ihren Spielraum einschränken sollen.
Die Brüsseler Behörde plant unter anderem, den länderübergreifenden

Zugriff auf elektronische Beweise wie Emails und Surfprotokolle zu
vereinfachen.

Neue Hürden sind für das Fälschen von Personalausweisen vorgesehen.
Außerdem will die EU-Kommission den Zugang zu Materialien zum
Bombenbau erschweren. «Es darf keine Schlupfwinkel für Straftäter und

Terroristen in Europa geben, weder online noch offline», sagte
EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans. Bevor die neuen Regeln
in Kraft treten, müssen EU-Staaten und Europaparlament den
Vorschlägen noch zustimmen. Ein Überblick über die Pläne:

ELEKTRONISCHE BEWEISE: Bei mehr als der Hälfte aller Ermittlungen in
der EU bedarf es grenzüberschreitender elektronischer Beweise.
Kriminelle nutzen häufig Messengerprogramme oder Email-Dienste, deren
Daten in einem anderen Land gespeichert werden. Um an die
Informationen zu kommen, waren bedurfte es bislang langwieriger
Verfahren, an denen mehrere Behörden beteiligt waren. Das kann bei
Anfragen innerhalb der EU nach Kommissionsangaben bis zu 120 Tage
dauern. Anfragen an ein Unternehmen in den USA könnten sogar 10
Monate in Anspruch nehmen. Bis dahin sind viele Daten allerdings
längst gelöscht.

«Während viele Straftäter die modernsten und schnellsten Technologien

nutzen, müssen sich die Strafverfolgungsbehörden mit überholten,
schwerfälligen Verfahren herumschlagen», sagte Justizkommissarin Vera
Jourova.

Die neuen Regeln sollen die Ermittlungen beschleunigen. Richter und
Staatsanwälte sollten die Daten künftig direkt bei den Anbietern der
Dienste wie Facebook, Google oder Microsoft anfordern können. Diese
müssten innerhalb von zehn Tagen - in dringenden Fällen sogar
innerhalb von sechs Stunden - antworten. Außerdem sollen Unternehmen
dazu verpflichtet werden können, Daten nicht zu löschen, bevor einem
Antrag auf Herausgabe stattgegeben wurde. Personenbezogene Daten
dürften nur im Einklang mit den neuen EU-Datenschutzregeln
herausgegeben werden, die Ende Mai in Kraft treten.

Die Beweise können nach den Kommissionsplänen nur bei Ermittlungen
angefragt werden. Sensible Daten wie Chats, Fotos oder der Standort
eines Geräts dürften nur in Fällen von Internetkriminalität, in
Zusammenhang mit Terrorismus oder bei schwerwiegenden Verbrechen
herausgegeben werden. Dazu zählt die EU-Kommission solche Straftaten,
für die es im ermittelnden Land mindestens drei Jahre Haft gibt.

SICHERERE PERSONALAUSWEISE: Personalausweise in der EU sind alles
andere als einheitlich. In manchen Staaten wie Italien sind sie noch
aus Papier und können leicht gefälscht werden. Mehr als 80 Millionen
EU-Bürger hätten ein Papier-Dokument, sagte Innenkommissar Dimitris
Avramopoulos am Dienstag. Dies sei inakzeptabel.

Nach dem Willen der Kommission sollen künftig Fingerabdrücke und ein
Porträtfoto auf dem Personalausweis gespeichert werden. Gültig soll
der Perso dann höchstens zehn Jahre sein. Ein EU-weit einheitliches
Dokument plant Brüssel nicht. Allerdings sollen Papier-Ausweise
innerhalb von zwei Jahren EU-weit abgelöst werden. Die biometrischen
Daten auf dem Ausweis sollen innerhalb von fünf Jahren Standard
werden.

ZUGANG ZU SPRENGSTOFFEN: Mehrere Terroranschläge in der EU wurden mit
Bomben verübt, die aus handelsüblichen Stoffen bestanden. Die
EU-Kommission will einige Chemikalien, die es derzeit im freien
Verkauf gibt, deshalb auf die Liste verbotener Stoffe aufnehmen.
Außerdem sollen Händler verpflichtet werden, verdächtige Käufe
innerhalb von 24 Stunden bei den Behörden zu melden. Personen, die
Anfragen für den Export von Waffen stellen, sollen nach dem Willen
der EU-Kommission künftig gründlicher geprüft werden.

ZUGRIFF AUFS KONTO: Bei schwerwiegenden Verbrechen sollen Ermittler
Zugriff auf Bankdaten eines Verdächtigen haben. Zudem sollen Staaten
und ihre Strafverfolgungsbehörden Finanzdaten besser austauschen
können.