Sperrklausel gegen Kleinstparteien: Debatte auf EU-Ebene geht weiter

17.04.2018 19:16

Haben deutsche Kleinstparteien wie die NPD und die Piraten 2014 zum
letzten Mal den Einzug ins Europaparlament geschafft? Wenn es nach
der Bundesregierung geht, ja. Doch auf EU-Ebene gibt es weiter
Widerstand.

Luxemburg (dpa) - Deutschen Kleinstparteien bleibt noch etwas
Hoffnung, auch künftig die Chance auf einen Einzug ins
Europaparlament zu haben. Belgien kündigte am Dienstag bei einem
EU-Ministertreffen in Luxemburg an, es sei noch zu früh, eine von der
Bundesregierung geforderte Reform des europäischen Wahlrechts unter
Dach und Fach zu bringen. Diese soll dafür sorgen, dass in
Deutschland Parteien mit einem niedrigen einstelligen Wahlergebnis
keinen Sitz im Europaparlament bekommen. Die Hürde soll demnach auf
einen Wert zwischen zwei und fünf Prozent festgelegt werden.

Die Änderung könnte beispielsweise die Ökologisch-Demokratische
Partei (ÖDP), die Piratenpartei, die rechte NPD oder die Freien
Wähler treffen. Sie hatten bei der Wahl 2014 den Einzug ins
Europaparlament geschafft, weil das Bundesverfassungsgericht kurz
zuvor die Drei-Prozent-Hürde im deutschen Europawahlgesetz ersatzlos
gestrichen hatte. Die Sperrklausel verstoße gegen die Grundsätze der
Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit der Parteien, hieß es
damals im Urteil. Im Gegensatz zum Bundestag komme es im
Europaparlament nicht in dem Maße auf stabile Mehrheitsverhältnisse
an.

Über die Änderung des Europawahlrechts wollen die Bundesregierung und
die großen Fraktionen im Europaparlament den Richterspruch nun
aushebeln. Bislang sehen sie sich allerdings mit dem Widerstand
Belgiens konfrontiert, das der Reform wie alle anderen EU-Staaten
zustimmen müsste. Dort ist vor allem die flämische Regierungspartei
N-VA der Ansicht, dass kleine Parteien die politische Landschaft
bereichern. Die großen etablierten deutschen Parteien wie CDU und SPD
begründen ihr Eintreten für eine Sperrklausel hingegen mit der Sorge,
das Parlament könne zersplittert werden.

Wie es in dem Konflikt nun weitergeht, blieb zunächst unklar.
Belgiens Außenminister Didier Reynders deutete bei dem
Ministertreffen in Luxemburg an, dass es in der kommenden Woche eine
Einigung geben könnte. Er ließ allerdings offen, ob es dafür
Änderungen an dem Projekt geben müsste. Auch Italien hat noch
Diskussionsbedarf.

Die Bundesregierung bedauerte das Veto einiger Mitgliedsstaaten.
«Wenn es wirklich nur ein paar Tage Bedenkzeit sind, dann kann man
damit leben, sofern wir dann beim nächsten Rat wirklich auch eine
Entscheidung treffen», sagte Europastaatsminister Michael Roth nach
den Beratungen in Luxemburg. Man habe zur Kenntnis genommen, dass es
Bemühungen gibt, «das Ganze nicht zu blockieren, sondern zu einem
positiven Abschluss zu bringen». Bereits 2019 solle das neue Gesetz
«Grundlage für die Wahlen zum Europäischen Parlament» sein.