Mehr Müll ins Recycling statt auf die Kippe: Neue EU-Regeln gebilligt Von Verena Schmitt-Roschmann, dpa

18.04.2018 16:48

Die Deutschen sehen sich als Weltmeister der Mülltrennung - aber auch
sie müssen noch eine Schippe drauflegen. Denn die EU will ernst
machen mit der Kreislaufwirtschaft.

Straßburg (dpa) - Müll muss in Deutschland und den übrigen EU-Lände
rn
künftig noch konsequenter getrennt gesammelt und wiederverwertet
werden. Das EU-Parlament billigte am Mittwoch neue Recyclingquoten,
für die sich auch Deutschland mehr anstrengen muss. Ziel ist, Abfall
strikter zu vermeiden oder wirklich neu zu nutzen, statt ihn auf die
Müllkippe zu fahren oder zu verbrennen. Das soll Umwelt und Klima
schonen und Zehntausende neue Jobs schaffen.

Das Parlament hatte sich mit den EU-Ländern bereits im Dezember auf
die nun formal beschlossene Neuregelung geeinigt. Sobald auch der Rat
der EU-Länder einen Haken dran macht, kann sie in Kraft treten.
Demnach sollen statt heute 44 Prozent des Hausmülls bis 2025 in der
gesamten EU mindestens 55 Prozent und bis 2030 mindestens 65 Prozent
recycelt werden. Ab 2035 sollen höchstens noch zehn Prozent des Mülls
auf der Deponie landen.

Deutschland ist zwar in Europa Vorreiter bei der Mülltrennung und
gibt seine Recyclingquote bereits mit 67 Prozent an. Allerdings wird
nun EU-weit die Berechnungsmethode umgestellt. Künftig solle
tatsächlich Recycling gemessen werden und nicht zum Beispiel
Verbrennung, erläuterte die FDP-Europaabgeordnete Gesine Meißner. «In

der Vergangenheit haben manche Mitgliedstaaten, auch Deutschland, an
dieser Stelle sehr kreativ gearbeitet und bessere Recyclingquoten
ermittelt als gerechtfertigt waren.» Die Deutsche Gesellschaft für
Abfallwirtschaft schätzte zuletzt, dass in der Bundesrepublik
höchstens 40 Prozent des Hausmülls tatsächlich stofflich recycelt
werden.

Die EU sieht eine Reihe weiterer Vorgaben für bestimmte Abfallarten
vor. So soll bei Verpackungsabfällen schon 2025 eine Recyclingquote
von 65 und 2030 von 70 Prozent erreicht werden. Ab 2024 müssen
überall in Europa Bioabfälle getrennt gesammelt werden, ab 2025 auch
Textilien und gefährlicher Hausmüll. Zudem sollen sich die EU-Staaten
bemühen, die riesige Menge weggeworfener Lebensmittel zu reduzieren,
und zwar um 30 Prozent bis 2025 und um die Hälfte bis 2030.

Die kommunalen Entsorger in Deutschland lobten den Beschluss des
Straßburger Parlaments. «Die höheren Recylingquoten sind ein
wichtiger Schritt für den Umwelt- und Klimaschutz: weg von der
linearen Wegwerf- hin zur Kreislaufwirtschaft», kommentierte Patrick
Hasenkamp, Vizepräsident des Verbandes kommunaler Unternehmen.

CDU, SPD und Grüne im Europaparlament erwarten von der Umstellung auf
mehr Recycling nicht nur mehr Umweltschutz, sondern auch neue Jobs.
Der CDU-Europaabgeordnete Karl-Heinz Florenz sprach von bis zu 80 000
zusätzlichen Arbeitsplätzen. «Das Abfallpaket ist zugleich ein
Wirtschaftspaket», meinte er. Der SPD-Umweltpolitiker Jo Leinen
verwies auf die Vorteile für Verbraucher durch langlebigere Produkte.