Schärfere EU-Regeln für Bio-Lebensmittel verabschiedet

19.04.2018 13:26

Der Hunger auf Bio-Produkte wächst. Die EU will diese Lebensmittel
noch strenger kontrollieren. Auch Öko-Bauern sollen in die Pflicht
genommen werden und ihre Produkte vor Pestiziden vom konventionellen
Nachbarhof schützen. Das kommt nicht bei allen gut an.

Straßburg (dpa) - Mit neuen Regeln für den Öko-Landbau will die EU
künftig Etikettenschwindel bei Bio-Lebensmitteln weiter eindämmen.
Das EU-Parlament billigte am Donnerstag mit großer Mehrheit eine
entsprechende neue Verordnung.

Sie sieht strengere Kontrollen vor, die künftig neben der Produktion
auch die Lieferkette abdecken sollen. Bei importierten
Bio-Lebensmitteln aus Drittländern sollen die EU-Regeln strikter
eingehalten werden. Auch müssen Bio-Landwirte darauf achten, dass
ihre Produkte nicht mit Pestiziden oder anderen Chemikalien
verunreinigt werden.

Vertreter des EU-Parlaments und der Mitgliedstaaten hatten sich
bereits im Juni 2017 nach jahrelangem Streit auf die Neuordnung
geeinigt. Formal muss nun noch der Rat der Mitgliedsländer zustimmen,
bevor die Regeln 2021 in Kraft treten sollen.

«Wo Bio draufsteht, muss Bio drin sein», teilte der
Grünen-Abgeordnete Martin Häusling mit, der über die neue Verordnung

mitverhandelt hatte. Das neue Gesetz mache Bio-Siegel zu einer echten
Marke für Qualität und schaffe Vertrauen bei Kunden, Bio-Landwirten
und den Bio-Lebensmittelherstellern.

Die Produktion von Öko-Lebensmitteln ist in der Europäischen Union in
den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Deutschland ist unter den
Ländern mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch. Im Jahr 2013 gab jeder
Deutsche durchschnittlich 93 Euro für Bio-Nahrung aus. Ökologische
Landwirtschaft findet sich bislang jedoch nur auf etwa sieben Prozent
der Weiden und Felder der EU. Der steigende Hunger auf Öko-Produkte
wird durch mehr Importe gestillt.

Für diese Einfuhren sollen mit dem neuen Gesetz künftig strengere
Regeln gelten. Auch Bio-Produkte aus dem außereuropäischen Ausland
sollen eins zu eins den EU-Standards entsprechen. Lebensmittel, die
davon abweichen, sollen nach Inkrafttreten der Verordnung nur noch
fünf Jahre lang importiert werden dürfen. Ausnahmen kann es geben,
falls Versorgungsengpässe drohen.

Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft lobt die neue Verordnung
als ein «Fundament, aus dem ein gutes Bio-Recht werden kann».
Zentrale Regeln müssten allerdings noch ausgearbeitet werden,
erklärte Geschäftsführer Peter Röhrig. Kritisch sieht er die
Tatsache, dass Landwirte künftig ihr Bio-Label verlieren können, wenn
ihre Produkte mit Chemikalien verunreinigt sind. Ökobauern dürften
nicht für die Pestizidanwendungen ihrer Nachbarn haften, betonte
Röhrig.

Die sozialdemokratische Europaabgeordnete Maria Noichl sieht durch
diese Kontaminationsregel gar die Gefahr, dass der Bio-Sektor in die
«Nische zurückgedrängt» werden könnte. Die Herstellung ökologis
cher
Lebensmittel sei «unter einer Käseglocke nicht möglich», betonte
Noichl. Mit den neuen Regeln müssten Bauern für die Pestizide
geradestehen, die auf dem konventionellen Nachbarhof eingesetzt
würden.