Deutschland sagt Aufnahme von 10 200 Flüchtlingen zu

19.04.2018 19:46

Wer als Migrant nach Europa kommt, riskiert oft eine gefahrvolle
Reise. Wer für ein Umsiedlungsprogramm ausgewählt wird, hat Glück: Er

darf legal einreisen. Deutschland will nun Tausende Menschen auf
diesem Weg aufnehmen.

Berlin (dpa) - Deutschland will nach den Worten von Innenminister
Horst Seehofer 10 200 Umsiedlungsflüchtlinge aufnehmen. Noch im
laufenden Jahr sollen so 4600 Flüchtlinge nach Deutschland kommen
dürfen, sagte der CSU-Politiker am Donnerstag in Berlin. 2019 sollen
5600 weitere folgen. Diese Menschen würden auf die im
Koalitionsvertrag vereinbarte Zuwanderungsspanne von jährlich 160 000
bis 220 000 Personen angerechnet, sagte Seehofer. Es gehe darum,
«legale Maßnahmen zu eröffnen, um die Menschen nicht in illegale
Maßnahmen zu drängen», sagte der Minister. «Diese Programme haben j
a
den Sinn, illegale Wege, den Tod auf dem Meer zu vermeiden.»

Außerdem übernimmt Deutschland aus der Türkei laut Innenministerium
regelmäßig syrische Flüchtlinge. Außerdem bereite die Bundesregieru
ng
aktuell die Aufnahme von 300 schutzbedürftigen Personen vor, die aus
libyschen Gefängnissen kommen.

EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos, der sich am Donnerstag in
Berlin mit Seehofer traf, lobte Deutschland für seine
Aufnahmebereitschaft. «Die deutsche Regierung ist erneut zur Stelle,
wenn es um internationale Solidarität geht», sagte er den Zeitungen
der Funke Mediengruppe.

Dank Zusagen aus anderen EU-Staaten wird das Ziel des europäischen
«Resettlement-Programms» von 50 000 Aufnahmen bis zum Herbst 2019
nach Angaben der EU-Kommission schon jetzt erreicht. Frankreich und
Deutschland nehmen dabei mit jeweils 10 200 Menschen die meisten
Schutzsuchenden auf. Die EU unterstützt die Aufnahmeländer mit einer
halben Milliarde Euro. Derzeit liegt der Fokus laut EU-Kommission auf
der Türkei, Jordanien, dem Libanon und afrikanischen Ländern.

Das UN-Flüchtlingskommissariat zeigte sich erfreut. «Resettlement
(...) richtet sich an die Bedürftigsten und Verwundbarsten, erlaubt
den Behörden die Auswahl und nutzt die weltweite Erfahrung, die UNHCR
beim Schutz von Flüchtlingen auf der ganzen Welt hat» erklärte der
Vertreter des UNHCR in Deutschland, Dominik Bartsch. Bei
Umsiedlungsprogrammen gewähren Länder Menschen aus Krisenregionen im
Rahmen internationaler Hilfsaktionen Zuflucht. Sie müssen keinen
Asylantrag stellen und können direkt eine Aufenthaltserlaubnis
erhalten.

Auch die Grünen begrüßten den Vorstoß. «Die Zusage für einen si
cheren
und legalen Weg nach Europa muss jetzt aber schnell erfüllt werden:
Für die Kriegsflüchtlinge zählt jeder Tag», sagte Parteichefin
Annalena Baerbock.

Die Hilfsorganisation Pro Asyl wertete die Ankündigung hingegen als
moralisches Feigenblatt und kritisierte die EU-Flüchtlingspolitik.
«Deutschland und die EU brüsten sich hier an der falschen Stelle»,

sagte Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. «Zugleich werden
Tausende Flüchtlinge zurück in libyschen Folterzentren geschickt.»
Die Zusammenarbeit mit und Ausbildung der libyschen Küstenwache müsse
beendet werden. «Pro Asyl fordert die Geltung des individuellen
Asylrechts statt kollektiver Gnadenakte.»

Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel reagierte empört und
kritisierte die Asylpolitik der Bundesregierung. «Der Zenit ist
deutlich überschritten, wir fordern die Bundesregierung dazu auf,
jegliche Zusagen an die EU zu unterlassen, die Grenzen zu
kontrollieren und den Schaden zu beseitigen, den sie bereits
angerichtet hat», erklärte sie.

Seehofer und Avramopoulos sprachen bei ihrem Treffen auch über die
von Deutschland geplante Verlängerung der Kontrollen an der
österreichischen Grenze für weitere sechs Monate. Er sei sich mit
Seehofer einig über das Ziel eines grenzkontrollfreien Schengenraums,
sagte Avramopoulos. «Diese Maßnahmen können auf jeden Fall nicht ewig

dauern.» Man bemühe sich um Alternativen zu Kontrollen. Dazu solle es
in der kommenden Woche in Brüssel auch ein Treffen nationaler
Experten geben. Seehofer sagte, zunächst müssten die EU-Außengrenzen

gesichert sein. Die Sicherheit der Bevölkerung stehe für Avramopoulos
und ihn an erster Stelle.