Facebook-Chef weicht im Europaparlament harten Fragen aus

22.05.2018 20:21

Das Format der Anhörung von Mark Zuckerberg im Europaparlament hat
die vielen harten Fragen verhallen lassen. Der Facebook-Chef konnte
sie alle auf einmal beantworten - und so vielen angesprochenen
kontroversen und tiefgründigen Problemen ausweichen.

Brüssel (dpa) - Facebook-Chef Mark Zuckerberg ist im Europaparlament
viel härter rangenommen worden als bei seinem Anhörungs-Marathon im
US-Kongress. Das Format, bei dem in Brüssel alle Fragen zum Schluss
auf einmal beantwortet werden sollten, gab dem 34-jährigen
Tech-Milliardär jedoch die Möglichkeit, unangenehmen Fragen
auszuweichen. Zuckerberg konnte einfach nur breit gefasste
Mini-Stellungnahmen zu einigen der angesprochen Themen statt
konkreter Antworten geben. Das Verfahren ist nach Auskunft des
Europaparlaments generell üblich bei der sogenannten «Conference of
Presidents» mit dem Kreis der Fraktionsvorsitzenden.

Die Fraktionsspitzen wollten unter anderem wissen, warum Facebook die
vom Datenskandal um Cambridge Analytica Betroffenen nicht bereits
2015 informierte und ob Zuckerberg an dieser Entscheidung beteiligt
war. Und ob der Fall «nur die Spitze eines Eisbergs» war. Sie
sprachen an, dass Facebook zum Beispiel über den «Like»-Button auch
einige Daten von Nicht-Mitgliedern sammele - und auch eine
konkurrenzlose Rolle Facebooks, nachdem Konkurrenten mit ähnlichen
Online-Netzwerken aus dem Geschäft gingen.

Mit besonders scharfen Worten fiel Guy Verhofstadt,
Fraktionsvorsitzender der Allianz der Liberalen und Demokraten für
Europa, auf. Zuckerberg müsse sich entscheiden, ob er in die
Geschichte in einer Reihe mit Technologie-Innovatoren wie
Apple-Gründer Steve Jobs und Microsoft-Gründer Bill Gates eingehen
werde - oder als «ein Genie, das ein digitales Monster geschaffen
hat, das unsere Demokratien zerstört».

Verhofstadt versuchte auch, den üblichen Argumenten Zuckerbergs bei
Fragen nach einer dominierenden Stellung Facebooks schon vorab den
Wind aus den Segeln zu nehmen - das sei, als würde ein
monopolistischer Autohersteller sagen, man könne schließlich auch
Flugzeug, Zug oder ein Fahrrad nehmen, sagte er. Zuckerberg
wiederholte dazu seine vorherigen Worte, dass es in der Branche viel
Wettbewerb gebe, weil die Nutzer auf vielen Kanälen miteinander
kommunizierten. «Aus meiner Perspektive kommen jeden Tag neue
Konkurrenten hinzu.»

«Mir ist bewusst, dass es viele konkrete Antworten gab, auf die ich
nicht konkret eingehen konnte», sagte der Facebook-Chef zum Schluss.
Man werde sie nachträglich beantworten. Einige der Fraktionschefs
machten ihrer Unzufriedenheit Luft. «Ich habe sechs Fragen
eingereicht, die mit «Ja» oder «Nein» beantwortet werden können -
und
keine davon ist beantwortet worden», empörte sich der Grüne Philippe

Lamberts. Eine davon war, ob Facebook seinen Mitgliedern die
Möglichkeit geben werde, sich komplett personalisierter Werbung zu
entziehen.

Zum Auftakt entschuldigte sich Zuckerberg abermals für den jüngsten
Datenskandal um Cambridge Analytica. Facebook habe das Ausmaß seiner
Verantwortung unter anderem im Kampf gegen den Missbrauch von
Nutzer-Informationen durch App-Entwickler nicht erkannt, sagte
Zuckerberg am Dienstag bei einem live übertragenen Treffen mit
Fraktionsspitzen. «Das war ein Fehler und es tut mir leid.» Das waren
ähnliche Worte wie bei Zuckerbergs insgesamt zehnstündigem Auftritt
im US-Kongress. Dort fielen die Senatoren und Abgeordneten zum Teil
damit auf, dass sie die Funktionweise von Facebook nicht kannten -
oder von der Beschränkungen auf wenigen Minuten pro Fragesteller
ausgebremst wurden.

Im März war bekanntgeworden, dass sich die britische Firma Cambridge
Analytica Zugang zu Daten von Millionen Facebook-Nutzern verschafft
hatte. Mit Hilfe der Daten sollen etwa Wähler im
US-Präsidentschaftswahlkampf zugunsten von Donald Trump mit
Wahlwerbung beeinflusst worden sein. Facebook hatte sich wiederholt
entschuldigt und diverse Konsequenzen gezogen.