Airbus droht bei Brexit ohne Abkommen mit Teil-Rückzug

22.06.2018 19:51

Die Brexit-Verhandlungen verlaufen schleppend, die Unternehmen werden
zunehmend nervös. Airbus erhöht nun den Druck auf die britische
Regierung.

Toulouse/London (dpa) - Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus
droht im Falle eines harten Brexits ohne Abkommen mit dem
Teil-Rückzug aus Großbritannien. «Einfach ausgedrückt gefährdet e
in
Szenario ohne Deal direkt die Zukunft von Airbus im Vereinigten
Königreich», erklärte der Leiter der
Airbus-Verkehrsflugzeug-Produktion, Tom Williams.

Falls das Land im März 2019 ohne Abkommen aus der Europäischen Union
aussteige und damit im kommenden Jahr Binnenmarkt und Zollunion
sofort und ohne Übergangsphase verlasse, würde dies zu einer
«schweren Störung und Unterbrechung» der Produktion führen. «Dies
es
Szenario würde Airbus dazu zwingen, seine Investitionen im
Vereinigten Königreich und seinen langfristigen Fußabdruck im Land zu
überdenken», teilte das Unternehmen mit.

Die Erklärung wurde in Großbritannien von Gewerkschaften, der
Opposition und EU-Befürwortern mit Bestürzung aufgenommen.
Premierministerin Theresa May sollte ihre roten Linien bei den
Verhandlungen aufgeben, hieß es etwa aus der Labour-Partei.

Airbus hat seinen Hauptsitz im französischen Toulouse und beschäftigt
in Großbritannien 14 000 Mitarbeiter an 25 Standorten, an seiner
britischen Zuliefererkette hängen 110 000 Jobs. In den britischen
Werken Filton und Broughton werden alle Flügel der
Airbus-Verkehrsflugzeuge entworfen und hergestellt.

Der Brexit hat laut Williams «bei jedem Szenario ernsthafte negative
Folgen» für das Unternehmen in Großbritannien. Airbus arbeite dort an

der Entwicklung der nächsten Generation von Flugzeugflügeln, sagte
Williams dem Sender BBC. Nun werde überlegt, ob dafür alternative
Standorte infrage kommen. Die «Times» wies auf Ausweichmöglichkeiten

in China hin. «Die Uhr tickt», sagte Williams der Zeitung.

In einer Risikobewertung hält Airbus einen geordneten Rückzug mit
einem Abkommen für besser als einen Brexit ohne Deal. Die derzeit
angedachte Übergangsphase bis Dezember 2020 reiche aber nicht aus, um
die offenen Fragen zwischen der EU und Großbritannien zu regeln. Für
Airbus sei sie zu kurz, um die notwendigen Änderungen in seiner
umfangreichen Zuliefererkette umzusetzen.

Eine Regierungssprecherin sagte, dass man sehr wohl die Bedenken des
Konzerns bei einem Treffen in der Downing Street im April angehört
habe. London gehe nicht von einem EU-Austritt ohne Abkommen aus.

Die Scheidungsverhandlungen zwischen London und Brüssel verlaufen
sehr schleppend. May regiert seit der vorgezogenen Parlamentswahl im
vergangenen Jahr nur noch mit hauchdünner Mehrheit. Sie steht von
mehreren Seiten unter Druck. Auch die Brexit-Hardliner ihrer Partei
drohen immer wieder damit, sie zu stürzen.