Verurteilter Parteichef in Rumänien sagt der Justiz den Kampf an

22.06.2018 19:18

Liviu Dragnea ist vorbestraft und in einer weiteren Korruptionssache
in erster Instanz verurteilt. Doch davon lässt sich Rumäniens
heimlicher Regierungschef nicht beeindrucken. Ganz im Gegenteil.

Bukarest (dpa) - Nach seiner Verurteilung zu einer Haftstrafe hat
Rumäniens mächtigster Politiker Liviu Dragnea der von der EU gelobten
Justiz in seinem Land mit einem «noch entschlosseneren und noch
radikaleren» Kampf gedroht. Er bleibe weiter Vorsitzender der
Regierungspartei PSD (Sozialdemokraten), weil seine Kollegen aus der
Parteiführung ihn darum gebeten hätten. «Mein Entschluss ist sehr
fest: Ich bleibe in der Führung der PSD, um all diese Dinge zu Ende
zu führen», sagte Dragnea am Freitag nach einer Sitzung des
Exekutivkomitees der PSD.

Dragnea ist bereits wegen Wahlmanipulationen vorbestraft und darf
deshalb nicht selbst Ministerpräsident werden. Aber er kontrolliert
faktisch die Regierung von Ministerpräsidentin Viorica Dancila. Als
Präsident des Abgeordnetenhauses steht er im Staat an dritter Stelle.

Die Justizgesetze müssten «normalisiert» und das «okkulte System»
, in
dem Staatsanwälte und Geheimdienste gegen ihn arbeiteten, müsse
abgeschafft werden, sagte Dragnea weiter. Dem Gericht warf er vor,
neun Mitangeklagte schuldig gesprochen zu haben, nur um seine eigene
Verurteilung zu rechtfertigen.

Dragnea war am Donnerstag wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch vom
obersten Gericht des Landes zu dreieinhalb Jahren Haft ohne Bewährung
verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. In seiner
Zeit als Regionalpräsident im südrumänischen Bezirk Teleorman soll
Dragnea für fiktive Anstellungen beim Jugendamt mitverantwortlich
gewesen sein. Die Betroffenen hatten laut Urteil von 2006 bis 2013
Gehalt von dem Amt kassiert, aber für die Partei PSD gearbeitet.

Auf Betreiben Dragneas hat das Parlament vor Kurzem durch eine
Änderung der Strafverfolgungsprozedur die Ermittlungsmöglichkeiten
der Staatsanwälte eingeschränkt. Seine Partei plant zudem eine
Entschärfung des Strafrechts zugunsten korruptionsverdächtiger
Politiker.

In der Schwebe ist derzeit ein Streit um die Besetzung des
Chefpostens bei der Antikorruptionseinheit der Staatsanwaltschaft
(DNA). Die Regierung will die von Brüssel geschätzte derzeitige
DNA-Chefin Laura Kövesi absetzen und hat dafür die Unterstützung des

Verfassungsgerichts. Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis, ohne
dessen Unterschrift dies nicht möglich ist, weigert sich. Auf seiner
Seite stehen das Selbstverwaltungsgremium der Justiz (CSM), die
meisten Juristenverbände sowie große Teile der Zivilgesellschaft.