EU-Parlamentspräsident warnt vor egoistischer Flüchtlingspolitik

23.06.2018 04:05

Berlin (dpa) - Kurz vor dem Gipfel der Europäischen Union in der
kommenden Woche hat EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani die
Mitgliedstaaten eindringlich vor Egoismus in der Flüchtlingspolitik
gewarnt. «Der Umgang mit der Zuwanderungsfrage darf nicht zur
Zerstörung der Europäischen Union führen», sagte Tajani den Zeitung
en
der Funke Mediengruppe (Samstag). «Handelt jeder Mitgliedstaat nur
nach eigenen Interessen, wird die Gemeinschaft auseinanderbrechen.»
Darüber hinaus erinnerte Tajani die streitenden deutschen
Regierungsparteien daran, dass Migration «kein rein deutsches
Problem» sei. Italien und Griechenland stünden genauso unter Druck.
«Es kann jetzt nicht um nationale Lösungen gehen. Wir brauchen eine
europäische Strategie.»

Der EU-Gipfel ist für den 28. und 29. Juni anberaumt. Die CSU will
unmittelbar danach über das weitere Vorgehen entscheiden. Bereits an
diesem Sonntag hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu
einem informellen Arbeitstreffen in Brüssel geladen. An ihm wollen 16
EU-Staaten teilnehmen.

Europas Stabilität hänge von Deutschlands Stabilität ab, sagte
Tajani. Er sei «gegen Maßnahmen an den Binnengrenzen». Die Lösung
liege außerhalb, nicht innerhalb der Europäischen Union. «Wir müsse
n
die Außengrenzen wirkungsvoll schützen. Und wir müssen mehr in Afrika

investieren, um Fluchtursachen zu bekämpfen.»

Die europäische Grenzschutzagentur Frontex müsse unverzüglich um
10 000 Mann aufgestockt werden, forderte er. «Und wir brauchen
Hotspots für Flüchtlinge außerhalb der EU.» Er könne sich zwei
solcher Auffangcamps auf dem Balkan vorstellen, etwa in Albanien oder
Nord-Mazedonien. «Und wir brauchen zwei oder drei solcher Camps auch
in Afrika.» Libyen sei ein Schlüsselland, das dringend stabilisiert
werden müsse. «Niger, Tunesien und Marokko kommen ebenfalls für
Hotspots infrage.»