Diskussion über Unglücksbrücke hält an - Keine weiteren Opfer

17.08.2018 05:00

Politische Diskussionen und Versprechungen überschlagen sich nach dem
Brücken-Einsturz in Genua. An der Unglücksstelle wird immer noch
gesucht. Hoffnung auf Überlebende gibt es kaum noch.

Genua (dpa) - Nach dem Brückeneinsturz in Genua mit Dutzenden Toten
geht die Diskussion über Konsequenzen für mutmaßliche Verantwortliche

der Katastrophe weiter. Der Staatssekretär im Verkehrsministerium,
Edoardo Rixi, und Regionalpräsident Giovanni Toti kündigten am
Donnerstag an, dass im kommenden Jahr ein neuer Viadukt anstelle des
zusammengebrochenen stehen solle. In der Nacht zu Freitag wurden
keine weiteren Opfer geborgen. Die Präfektur hat bislang 38 Tote
bestätigt. Elf Verletzte werden noch in Krankenhäusern behandelt.

An der Unglücksstelle waren auch in der Nacht noch Hunderte
Rettungskräfte im Einsatz, um nach Vermissten zu suchen. Die Chancen,
Überlebende zu finden, sind fast drei Tage nach der Tragödie aber
schwindend gering. Am Samstag um 11.30 Uhr soll ein Staatsbegräbnis
für die Opfer stattfinden.

Das Verkehrsministerium richtete eine Kommission ein, die technische
Überprüfungen und Analysen an der am Dienstag eingestürzten Brück
e
durchführen soll. Während eines Unwetters war ein etwa 180 Meter
langer Abschnitt des wichtige Polcevera-Viadukts in der
italienischen Hafenstadt in die Tiefe gestürzt und hatte zahlreiche
Fahrzeuge mitgerissen.

Die Ergebnisse der Arbeit sollen einer Mitteilung des Ministeriums
zufolge schließlich dazu dienen, über eine mögliche Entziehung der
Lizenz für den privaten Autobahnbetreiber zu entscheiden.
Italienische Medien werteten das als Zurückrudern einiger
Regierungsmitglieder, die die Verantwortung für die Katastrophe
bereits am Mittwoch dem Betreiber Autostrade per l'Italia zugewiesen
hatten. Auch Regierungschef Giuseppe Conte hatte erklärt, dass
bereits erste Schritte für den Entzug der Konzession eingeleitet
worden seien.

Der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung und Minister für Wirtschaftliche
Entwicklung, Luigi Di Maio, bekräftigte am Donnerstagabend im Sender
La7, man werde dem Unternehmen nicht nur die Lizenz für die Autobahn
entziehen, sondern auch eine Strafe von bis zu 150 Millionen Euro
verhängen und dafür - wenn nötig - auch vor Gericht ziehen.

Der Innenminister und Chef der rechten Lega, Matteo Salvini, sagte
dagegen, er wolle von dem Betreiber «alles, was möglich ist» für di
e
Angehörigen der Opfer, die Verletzten und die nun Obdachlosen
bekommen. «Über Konzessionen, Strafen und Spitzfindigkeiten reden wir
von kommende Woche an», zitierte ihn Ansa.

Aus Sicherheitsgründen waren insgesamt 13 Wohnhäuser evakuiert
worden. 558 Menschen verloren der Präfektur zufolge ihr Zuhause. 117
seien in Hotels oder bei Privatleuten untergebracht.

Der mehr als 40 Meter hohe Polcevera-Viadukt, der auch Morandi-Brücke
genannt wird, spannt sich nicht nur über Wohnhäuser, sondern auch
über Gleisanlagen und Fabriken und ist seit langem umstritten. Die
Brücke ist Teil der Autobahn 10 und verbindet den Osten mit dem
Westen der Stadt. Sie ist als Urlaubsroute «Autostrada dei Fiori»
bekannt und eine wichtige Fernstraße nach Südfrankreich, in den
Piemont und die Lombardei.