EU will internationales Klimaziel für 2030 hochschrauben Von Verena Schmitt-Roschmann, dpa

21.08.2018 04:55

Der internationale Klimaschutz lahmt seit dem Ausstieg der USA aus
dem Pariser Abkommen. Nun will die Europäische Union ein Signal
setzen.

Brüssel (dpa) - Das offizielle Klimaziel der Europäischen Union soll
nach dem Willen der EU-Kommission deutlich erhöht werden. Für 2030
soll die EU international eine Senkung der Treibhausgase um 45
Prozent im Vergleich zu 1990 zusagen - statt bisher 40 Prozent. «Es
ist meine Absicht, diese Frage demnächst den Mitgliedstaaten
vorzulegen», erklärte EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete der
Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Im Oktober will der Spanier
einen offiziellen Beschluss der EU-Staaten erreichen.

Das nachgeschärfte EU-Klimaziel soll ein Signal an die Partner in den
Vereinten Nationen sein, mehr gegen die globale Erwärmung zu tun. Der
Klimaschutz steckt in der Krise, seit US-Präsident Donald Trump das
Pariser Abkommen von 2015 aufgekündigt hat. Gleichzeitig schürt der
Hitzesommer die Sorge, dass der Klimawandel längst Fahrt aufnimmt.

Nach Cañetes Berechnungen wird das neue Ziel erreicht, sofern die
neuen EU-Beschlüsse zum Energiesparen und zum Ausbau erneuerbarer
Energien umgesetzt werden. Die ursprünglich geplanten Ziele in beiden
Sparten waren im Frühsommer im Konsens von Kommission,
Europaparlament und Mitgliedsstaaten erhöht worden. Statt um 30
Prozent soll die Energieeffizienz bis 2030 um 32,5 Prozent steigen;
der Anteil von Ökoenergie am gesamten Bedarf soll auf 32 Prozent
wachsen statt nur auf 27 Prozent.

«Auf Grundlage unserer Rechenmodelle würden wir de facto eine
Reduzierung der Treibhausgase um 45 Prozent in der EU erreichen»,
betonte Cañete. «In jedem Fall ist die EU in einer starken Position,
sich an der politischen Diskussion über ehrgeizigere Ziele bei der
anstehenden Weltklimakonferenz in Kattowitz zu beteiligen.» In der
polnischen Stadt wird im Dezember über die Regeln zur Umsetzung des
Pariser Abkommens verhandelt. Darin ist bereits vorgesehen, dass die
Vertragspartner bis 2020 ehrgeizigere Ziele nachmelden.

2015 hatte die Weltgemeinschaft vereinbart, die globale Erwärmung bei
höchstens 2 Grad - möglichst sogar bei nur 1,5 Grad - zu stoppen, um
katastrophale Folgen abzuwenden. Gemeint ist die mittlere Temperatur
im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten. Die Ziele erfordern bis 2050
eine Abkehr von Kohle, Öl und Gas sowie einen Umbau der
Weltwirtschaft.

Die EU versteht sich als Schrittmacher. Allerdings sind nicht alle
überzeugt, ob die ehrgeizigen Ziele umsetzbar sind. So hatte
Wirtschaftsminister Peter Altmaier bei den EU-Verhandlungen zur
Energieeffizienz und Ökoenergie auf die Bremse getreten. In beiden
Fällen hielt der CDU-Politiker nur 30 Prozent für realistisch.

Deutschland wird sein eigenes Klimaziel verfehlen, bereits 2020
mindestens 40 Prozent weniger Treibhausgase auszustoßen als 1990. Für
2030 hat die Bundesregierung die Latte aber noch höher gelegt als die
EU: Dann soll Deutschland ein Minus von mindestens 55 Prozent
erreichen.

Umweltschützern ist das mögliche 45-Prozent-Ziel der EU zu wenig. Es
reiche noch nicht einmal für das 2-Grad-Ziel - nötig wäre dafür ein

minus von 55 Prozent auf EU-Ebene, sagte Klaus Röhrig vom Climate
Action Network der dpa in Brüssel. Zuletzt hatte auch der
niederländische Ministerpräsident Mark Rutte dafür plädiert, die EU

solle sich 55 Prozent bis 2030 vornehmen.