Weniger Hering, mehr Dorsch - Fangquoten für westliche Ostsee stehen

15.10.2018 20:34

Wie viel Fisch darf ins Netz? Das ist immer ein Kompromiss zwischen
den Interessen der Industrie und dem Schutz der Bestände. Es wird um
jeden Prozentpunkt gerungen. Nun gibt es Ergebnisse.

Luxemburg (dpa) - Deutsche Fischer dürfen im kommenden Jahr deutlich
weniger Hering aus der westlichen Ostsee ziehen als noch 2018. Die
erlaubte Fangmenge wird um 48 Prozent reduziert, wie die EU-Staaten
am Montag nach einem Treffen der EU-Fischereiminister in Luxemburg
mitteilten. Die Fangquote für den für Deutschland ebenfalls wichtigen
Dorsch in der westlichen Ostsee wird hingegen um 70 Prozent
angehoben.

Die zuständige Ministerin Österreichs, Elisabeth Köstinger, sprach
von einem «guten und ausgewogenen Kompromiss». Österreich hat derzeit

die EU-Ratspräsidentschaft inne. Der Deutsche Fischereiverband und
Umweltschützer kritisierten das Ergebnis hingegen - allerdings aus
verschiedenen Gründen.

Mit ihrer Entscheidung bleiben die EU-Staaten beim Hering deutlich
hinter dem von der EU-Kommission vorgeschlagenen Minus in Höhe von 63
Prozent zurück. Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES)
hatte sich im Mai sogar dafür ausgesprochen, die Heringsfischerei in
der westlichen Ostsee zunächst auszusetzen, damit der Bestand sich
erholen kann. Auch beim Dorsch erlauben die EU-Minister mit ihrem
Beschluss vom Montag mehr Fang als von der EU-Kommission empfohlen.
Die Brüsseler Behörde hatte ein Plus 31 Prozent vorgeschlagen.

Die EU-Fischereiminister legen in jedem Jahr die zulässigen
Gesamtfangmengen fest. Die EU-Kommission gibt dafür vorab
Empfehlungen auf der Grundlage des ICES-Gutachten, in denen der
Zustand der einzelnen Bestände untersucht wurde. In den Verhandlungen
geht es dann darum, Kompromisse zwischen den Interessen der
Fischfangindustrie und dem Schutz der Fischbestände zu finden.

Der Deutsche Fischereiverband zeigte sich angesichts der Einschnitte
enttäuscht. «Mit einer Reduzierung der Quote für den Hering haben w
ir
gerechnet, aber für die Fischer ist das existenzbedrohend, sollte es
keine Beihilfe geben», sagte Sprecher Claus Ubl am Montag. Auch die
Fangquote für den Dorsch in der westlichen Ostsee hält er für zu
niedrig.

Heike Vesper vom WWF kritisierte die Entscheidung der EU-Staaten
hingegen als unzureichend. «In der kommenden Fangsaison wird der
einzige vernünftige Nachwuchsjahrgang seit Jahren im Netz enden,
bevor er selbst ausreichend für Nachkommen sorgen kann», sagte
Vesper. Es bleibe ein Rätsel, wie man auf diese Weise einen
Fischbestand aufbauen wolle. Greenpeace-Meeresexperte Thilo Maack
sagte: «Mit diesen Quoten wird in der Ostsee weiter auf Pump
gefischt.»

In absoluten Zahlen bedeutet die Einigung vom Montag, dass im
kommenden Jahr rund 4600 Tonnen Hering in der westlichen Ostsee
gefischt werden dürfen. Beim Dorsch sind es rund 2000 Tonnen.

Die Minister beschlossen am Montag außerdem, dass 2019 mehr Scholle
(43 Prozent) und mehr Sprotte (3 Prozent) gefangen werden dürfen.
Beim östlichen Dorsch verständigten sie sich darauf, die erlaubte
Fangmenge um 15 Prozent zu reduzieren, beim Hering in der zentralen
Ostsee um 26 Prozent.

Mit den Gesamtfangmengen wird bestimmt, wie viel Fisch von einem
bestimmten Bestand in einem jeweiligen Jahr gefangen werden darf. Die
Gesamtfangmengen werden unter den EU-Staaten dann als nationale
Quoten verteilt. Wenn das in einer Quote erlaubte Kontingent
ausgeschöpft wurde, darf das jeweilige Land dort vorübergehend keine
Fische mehr fangen.