Euro-Finanzminister einigen sich auf Reformschritte
04.12.2018 10:13
Seit Jahren ringen die Euro-Finanzminister um weitreichende Reformen
in der Währungsunion. In den großen Fragen geht es dabei kaum voran.
Nun präsentieren die Ressortchefs einen Minimalkompromiss als großen
Wurf.
Brüssel (dpa) - Die Euro-Finanzminister haben sich auf Schritte zur
Stärkung der Währungsunion gegen künftige Krisen verständigt. «Wi
r
haben einen Deal», teilte ein Sprecher von Eurogruppen-Chef Mario
Centeno am Dienstagmorgen nach etwa 16-stündigen Verhandlungen in
Brüssel mit. Im Kern soll vor allem der Euro-Rettungsschirm ESM
gestärkt werden. Beim Eurozonen-Budget und dem gemeinsamen
Sicherungssystem für Sparguthaben gehen die Debatten weiter.
«Wir haben ... keine großen Schritte nach vorne gemacht», sagte
EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici nach dem Treffen der
Euro-Runde. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach auf dem
Kurznachrichtendienst Twitter von einem guten Ergebnis: «Die
Euroreform kommt entscheidende Schritte voran.»
Die EU-Staaten - abgesehen vom Vereinigten Königreich, das die
Gemeinschaft voraussichtlich im kommenden Jahr verlassen wird -
diskutieren seit längerem über Reformen in der Währungsunion. Grund
ist, dass die schwere Finanzkrise Europa vor allem ab 2010 weitgehend
unvorbereitet getroffen hatte.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die EU-Kommission hatten
weitreichende Ideen präsentiert, unter anderem für ein
Eurozonenbudget, einen EU-Finanzminister und zum Ausbau des
Euro-Rettungsschirms ESM zu einem Europäischen Währungsfonds. Das
meiste davon ist nach wie vor Zukunftsmusik, doch nun gibt es
zumindest erste Schritte.
Der ESM, der bislang vor allem Kredite an Staaten in Not vergeben
kann, soll künftig auch früher einschreiten können. Außerdem soll e
r
gemeinsam mit der EU-Kommission beim Management von Hilfsprogrammen
stärker beteiligt sein. Damit soll vor allem sichergestellt werden,
dass Schulden eines Landes tragfähig bleiben. Das heißt, dass sie
realistischerweise zurückgezahlt werden können.
In der Vergangenheit - etwa bei den Rettungspaketen für Griechenland
- spielte der Internationale Währungsfonds (IWF) noch eine zentrale
Rolle. Zwischen dem IWF und den Europäern gab es jedoch vor allem in
der Frage der Schuldenbewertungen teils erhebliche Differenzen.
Darüber hinaus soll der ESM auch als sogenannte Letztsicherung beim
europäischen Bankenabwicklungsfonds SRF zum Einsatz kommen. In den
SRF zahlen die Banken selbst ein, bis zum Jahr 2024 sollen etwa 55
Milliarden Euro bereitstehen. Sollte der Abwicklungsmechanismus aber
überfordert sein, könnte der ESM einspringen. «Damit bekommt der
Bankenabwicklungsfonds die nötige Feuerkraft für große Probleme»,
meinte ESM-Chef Klaus Regling.
Die Letztsicherung soll nun bereits vor dem Jahr 2024 verfügbar sein
- vorausgesetzt, es gibt weitere Fortschritte bei der Senkung von
Risiken im Bankensektor. Dazu müssten unter anderem ausfallgefährdete
(faule) Kredite in den Bilanzen reduziert werden.
Offene Fragen gibt es noch bei der Einführung eines Eurozonenbudgets
innerhalb des gesamten EU-Haushalts. Auf einen solchen Vorstoß hatten
sich Deutschland und Frankreich verständigt. Damit könnten
wirtschaftliche Unterschiede zwischen den Staaten verringert und
Investitionen und Strukturreformen gefördert werden.
Die EU-Staats- und Regierungschefs könnten nun bei ihrem Gipfel am
13. und 14. Dezember in Brüssel ein Mandat für weitere Verhandlungen
erteilen, erklärte Eurogruppenchef Centeno. Details - wie etwa das
finanzielle Volumen eines solchen Budgets - sind noch offen.
Bei der von der EU-Kommission 2015 vorgeschlagenen Einführung eines
gemeinsamen Einlagensicherungssystem für Banken gab es hingegen kaum
Fortschritte. Eine Arbeitsgruppe solle nun Möglichkeiten ausloten,
hieß es. Vor allem in Deutschland gibt es Bedenken, solange Risiken
in den Banken anderer Länder nicht deutlich reduziert sind.
Geldinstitute hierzulande fürchten, im Krisenfall haften zu müssen.