Menschenrechtsgericht segnet deutsche Sicherungsverwahrung ab

04.12.2018 16:47

Was tun mit gefährlichen Straftätern, deren Haft zu Ende ist? In
Deutschland kann in bestimmten Fällen Sicherungsverwahrung angeordnet
werden. Früher gab es für das deutsche Konzept viel Kritik vom
Menschenrechtsgerichtshof. Doch das hat sich geändert.

Straßburg (dpa) - Das deutsche System zur Sicherungsverwahrung
gefährlicher Straftäter hat sich erneut vor dem Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte bewährt. Ein verurteilter Mörder aus
Deutschland, der durch seine Sicherungsverwahrung seine
Menschenrechte verletzt sah, scheiterte am Dienstag endgültig vor der
Großen Kammer des Straßburger Gericht (Beschwerdenummern 10211/12 und

27505/14).

Der Beschwerdeführer hatte 1997 im Alter von 19 Jahren in
Niederbayern eine Joggerin ermordet. Seit dem Ende seiner Jugendhaft
im Jahr 2008 sitzt er in Sicherungsverwahrung, aktuell im bayerischen
Straubing.

Die deutschen Gerichte hätten mittels Expertengutachten hinreichend
dargelegt, dass der Mann an sexuellem Sadismus leide und in Freiheit
weitere Straftaten begehen könnte, argumentierte das Gericht. Seine
Sicherungsverwahrung sei daher nicht willkürlich gewesen und habe
nicht gegen das Recht auf Freiheit verstoßen. Außerdem unterstrichen
die Richter, dass die Unterbringung des Mannes vor allem darauf
abgezielt habe, seine psychische Störung zu behandeln. Seine
Sicherungsverwahrung sei daher nicht als Strafe anzusehen - damit sei
auch der Grundsatz «keine Strafe ohne Gesetz» nicht verletzt worden.

Das deutsche System zur Sicherungsverwahrung war im Jahr 2013
angepasst worden. Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte Deutschland mehrfach deswegen verurteilt - unter
anderem, weil sich die Lebensbedingungen der Gefangenen früher nur
unwesentlich von denen im regulären Strafvollzug unterschieden.
Zuletzt hatte sich das Straßburger Gericht mit der Neugestaltung aber
wiederholt zufrieden gegeben.

Die Sicherungsverwahrung verhängen deutsche Gerichte anders als die
Haft nicht als Strafe, sondern als präventive Maßnahme. Sie soll die
Bevölkerung vor Tätern schützen, die ihre Strafe für ein besonders

schweres Verbrechen bereits verbüßt haben, aber weiter als gefährlich

gelten. Die Bedingungen müssen aber deutlich besser sein als im
Strafvollzug; ein Schwerpunkt muss auf einem guten Therapieangebot
liegen.

Das bayerische Justizministerium begrüßte das Urteil. Damit sei
Rechtssicherheit hergestellt worden. Der Gerichtshof habe bestätigt,
dass das in der Straubinger Einrichtung verfolgte Therapiekonzept für
eine Behandlung des Beschwerdeführers geeignet sei. «Damit können in

Bayern auch künftig zum Schutz der Allgemeinheit gefährliche
Straftäter unter höchsten Sicherheitsmaßnahmen therapiert und
untergebracht werden.»