Britisches Unterhaus wirft Regierung «Verachtung des Parlaments» vor

04.12.2018 18:25

London (dpa) - Nur wenige Stunden vor Beginn der fünftägigen Debatte
über das Brexit-Abkommen hat das britische Parlament der Regierung am
Dienstag eine empfindliche Niederlage bereitet. Mit einer Mehrheit
von 311 zu 293 entschieden die Abgeordneten, dass die Regierung die
Rechte des Parlaments missachtet hat. Grund war die Weigerung der
Regierung, ein Rechtsgutachten über den Brexit-Deal vollständig
zugänglich zu machen.

Kritiker des Abkommens vermuteten, dass ihnen wichtige Informationen
über die rechtliche Bewertung des Deals vorenthalten werden sollten,
bevor sie am 11. Dezember darüber abstimmen. Das Gutachten werde nun
veröffentlicht, sagte Andrea Leadsom, die eine Art Fraktionschefin
der Konservativen ist, nach der Niederlage der Regierung.

Der BBC zufolge ist es das erste Mal in der Geschichte des britischen
Parlaments, dass die Regierung auf diese Weise von den Abgeordneten
abgemahnt wird. Ein Versuch der Regierung, die Niederlage mit einem
Gegenentwurf in letzter Minute abzuwenden, scheiterte.

Für Premierministerin Theresa May ist die Niederlage ein weiterer
Rückschlag. Ohnehin werden ihr nur geringe Chancen zugestanden, eine
Mehrheit für ihr Abkommen bei der geplanten Abstimmung am
11. Dezember im Parlament zu erreichen. Nun ist klar, dass sie sich
nicht auf eine Mehrheit der Abgeordneten verlassen kann.

Welche Folgen der Beschluss des Parlaments am Dienstag haben wird,
war zunächst unklar. Theoretisch können einzelne Mitglieder der
Regierung zeitweise aus dem Parlament verbannt werden.

Großbritannien wird die EU voraussichtlich am 29. März 2019
verlassen. Dem Abkommen zufolge soll dann zunächst eine
Übergangsphase bis mindestens 2020 folgen, während der alles bleibt,
wie es ist. Sollte das Abkommen abgelehnt werden, droht ein
ungeregelter Brexit mit drastischen Folgen für die Wirtschaft und
viele Lebensbereiche.