SPD wählt Europawahlkandidaten - Streit um Vorrang für Jusos

09.12.2018 04:30

Die SPD braucht dringend einen Aufschwung. Die Europawahl im
kommenden Mai könnte für die kriselnde Partei und ihre Vorsitzende
Nahles zur Schicksalsentscheidung werden. Große Hoffnungen richten
sich nun auf Justizministerin Barley.

Berlin (dpa) - Einen Tag nach Ende des CDU-Parteitags beansprucht am
Sonntag die SPD die politische Aufmerksamkeit für sich: In Berlin
will sie bei einer Europadelegiertenkonferenz Justizministerin
Katarina Barley zur Spitzenkandidatin für die Europawahl wählen. Auf

Platz 2 soll der Europabeauftragte und Vorsitzende der
sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament, Udo Bullmann,
gesetzt werden. Die Partei sieht die Wahl am 26. Mai 2019 wegen des
Erstarkens rechter und populistischer Bewegungen als eine der
wichtigsten Europawahlen überhaupt an: Dort werde über «mehr Europa
»
und weiter offene Grenzen oder eine Rückkehr des Nationalismus
entschieden.

Die kriselnde Regierungspartei ist angesichts anhaltend schwacher
Zustimmungswerte dringend auf Rückenwind angewiesen. Derzeit rangiert
sie in den Umfragen unter 15 Prozent. Die Koalitionspartnerin CDU
hatte ihrerseits auf einem Parteitag am Freitag und Samstag in
Hamburg die bisherige Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer
zur neuen Vorsitzenden gewählt. Auch bei den Christdemokraten ist der
Wechsel in eine neue Zeit nach 18 Jahren Angela Merkel mit
Unsicherheiten verbunden. Allerdings kann die CDU auf einen
Aufschwung hoffen: Im ARD-«Deutschlandtrend» kletterte sie deutlich
auf 30 Prozent.

Überschattet wird die SPD-Europakonferenz von erheblichem internen
Unmut über das Vorgehen des Vorstands und besonders über die
Vorsitzende Andrea Nahles. Um mehr junge und vor allem weibliche
Kandidaten auf aussichtsreiche Plätze zu bringen, überstimmte der
Vorstand zum Teil Wahlvorschläge der Landesverbände. Die
stellvertretende Juso-Chefin Delara Burkhardt (26) landete so
plötzlich auf Listenplatz fünf - zum Ärger des SPD-Landesverbands
Schleswig-Holstein, da der eigentlich nominierte Enrico Kreft dadurch
ausgebootet wurde.

Die einzelnen Kandidaten werden am Sonntag ebenfalls gewählt. Die vom
Vorstand auch auf einen guten Platz gesetzte Luisa Boos (33) erklärte
vorab ihren Verzicht, um eine Kampfkandidatur gegen die eigentlich
von ihrem Landesverband Baden-Württemberg für einen der vorderen
Plätze nominierte Vizepräsidentin des Europaparlaments, Evelyne
Gebhardt (64), zu vermeiden und um Schaden von der Partei abzuwenden.
Gebhardt könnte damit auf Platz 15 gesetzt werden, was für den Einzug
in das Europaparlament noch reichen könnte, während Boos nun für
einen recht aussichtslosen Listenplatz antreten wird. 

Bei der letzten Europawahl 2014 landete die SPD mit Spitzenkandidat
Martin Schulz bei 27,3 Prozent. In Umfragen liegt die SPD bundesweit
derzeit nur noch bei knapp 15 Prozent - damit könnte es am Ende weit
weniger Mandate für die Partei in Brüssel geben.