EuGH urteilt über Möglichkeit eines britischen Brexit-Rückziehers

10.12.2018 04:25

Vor der Brexit-Abstimmung am Dienstag im Londoner Parlament haben die
Richter in Luxemburg das Wort. Das oberste EU-Gericht urteilt, ob
Großbritannien den Austritt aus der Europäischen Union ohne
Zustimmung der übrigen EU-Länder stoppen könnte.

Luxemburg/London (dpa) - Schicksalstage für Großbritannien und die
EU: Vor der entscheidenden Abstimmung über das Brexit-Abkommen am
Dienstagabend im Parlament in London richten sich die Blicke nach
Luxemburg. Dort urteilt das oberste EU-Gericht am Montag, ob
Großbritannien den Austritt aus der Europäischen Union ohne
Zustimmung der übrigen EU-Länder stoppen könnte. Das oberste
schottische Zivilgericht hatte den EuGH um diese Bewertung gebeten.
(Rechtssache C-621/18).

Der zuständige EuGH-Generalanwalt meint, die Entscheidung liege
allein in London. Folgen ihm die Richter, wäre die Schwelle für eine
Abkehr vom Brexit viel niedriger als gedacht.

Großbritannien hatte der EU im März 2017 offiziell die Absicht zum
Austritt mitgeteilt. Damit begann ein zweijähriges Verfahren, das
nach jetzigem Stand mit dem Brexit am 29. März 2019 endet.

Das Urteil in Luxemburg fällt einen Tag vor der Abstimmung des
britischen Parlaments über das von Regierungschefin Theresa May mit
der EU mühsam ausgehandelte Brexit-Vertragspaket. Dafür zeichnet sich
keine Mehrheit ab. Im Falle einer Niederlage sind auch ein Rücktritt
Mays und Neuwahlen möglich.

«Wenn ihr den Brexit wollt, dann holt ihn euch, und darum geht es bei
diesem Deal», sagte May der «Mail on Sunday». Oppositionsführer
Jeremy Corbyn warte nur darauf, Neuwahlen zu erzwingen. Ein Nein zum
Deal würde große Unsicherheiten mit sich bringen. Es bestünde dann
auch die Gefahr, dass Großbritannien gar nicht mehr die EU verlasse.

Scheitert Mays Plan im Parlament, muss sie entweder noch einmal
abstimmen lassen - oder es braucht einen Plan B. Aus der britischen
Regierung und der Opposition mehren sich Signale, dass dann eine
engere Anbindung an die EU erwogen werden könnte, zum Beispiel der
Verbleib in Binnenmarkt und Zollunion. Nicht mehr undenkbar ist ein
zweites Referendum.

Der sozialdemokratische Europawahl-Spitzenkandidat Frans Timmermans
lud die Briten ausdrücklich ein, den Brexit zu stoppen. Die Welt und
die EU hätten sich seit dem Brexit-Votum 2016 geändert, sagte der
Vizepräsident der EU-Kommission in Lissabon.