SPD will EU entschlossen gegen rechte Populisten verteidigen

08.01.2019 17:41

Arbeit, Gerechtigkeit und Europa: SPD-Bundestagsabgeordnete aus drei
Bundesländern stecken in Osnabrück den Kurs dafür ab, wie die Partei

aus dem schlimmsten Tief der jüngeren Geschichte kommen soll. Ein
Novum: Das Treffen findet nicht hinter verschlossenen Türen statt.

Osnabrück (dpa) - Die SPD will die Europäische Union entschlossen
gegen rechte Populisten und die politischen Folgen eines Austritts
Großbritanniens verteidigen. «Es geht um die Selbstbehauptung des
Kontinents», sagte Ex-Außenminister Sigmar Gabriel bei einer
Parteiklausur in Osnabrück. Das Gewicht der EU in der Welt schwinde
ohne Großbritannien. Der langjährige Präsident des Europaparlaments,

Martin Schulz, forderte, sich gegen Angriffe von Ultranationalisten
und autoritär geführte EU-Staaten wie Ungarn zu stellen. «Wenn diese

Idee abgewickelt werden soll, dann ist keine Partei mehr gefordert
als wir», sagte Schulz. Die Europawahl im Mai werde eine
«Schicksalswahl».

Mehr als 50 Bundestagsabgeordnete der zwei größten SPD-Landesgruppen
im Bundestag - Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen/Bremen - beraten
bis Mittwoch über den Kurs der Partei. Die gesamte Fraktion umfasst
152 Mitglieder.

In einem Positionspapier zu dem Treffen hatten die
Landesgruppenvorsitzenden Achim Post (NRW) und Johann Saathoff
(Niedersachsen) eine bittere Bestandsaufnahme formuliert. «Die
gegenwärtige Krise der SPD ist in ihrer jüngeren Geschichte
beispiellos. Die Erneuerung der SPD muss im neuen Jahr noch
grundlegender angepackt werden - in Regierung, Fraktion und Partei»,
heißt es.

Die beiden SPD-Landesgruppen wollen die politische Debatte vor der
Europawahl im Mai zuspitzen. «Wir gehen selbstbewusst in das
Wahljahr», sagte Achim Post in Osnabrück. Er nannte eine
Digitalsteuer, damit große Internetfirmen Steuern auf ihre Gewinne
zahlen sowie den Verzicht auf ein neues Wettrüsten bei einem
Scheitern des INF-Vertrags über nukleare Mittelstreckensysteme.

Saathoff sagte, die SPD sei die Partei der Gerechtigkeit und Arbeit.
Sie müsse eine Reform der Grundsicherung Hartz 4 erreichen. Dies
forderte auch Bremens Regierungschef Carsten Sieling. «Wir brauchen
einen starken Staat, aber auch einen starken Sozialstaat», sagte er.
«Wir müssen einige Dinge korrigieren und neu fassen.»

Die SPD-Landesgruppen hatten Journalisten eingeladen, fast die
gesamte Jahresauftaktklausur direkt zu verfolgen - ein Novum. Hinter
verschlossenen Türen findet nur der Auftritt von Parteichefin Andrea
Nahles statt, die am Mittwoch über das Thema «Starke SPD» sprechen
will. Die SPD erreichte in jüngsten Umfragen bundesweit nur 14 bis 15
Prozent, die Union als stärkerer Partner in der großen Koalition
liegt zwischen 29 und 31 Prozent. Nahles und Vizekanzler Olaf Scholz
stehen unter Druck, eine Wende herbeizuführen.