Brexit-Umfrage: Vernichtendes Urteil über Premierministerin May

09.01.2019 04:45

Die völlig zerstrittenen britischen Parlamentarier setzen am Mittwoch
ihre Brexit-Debatten fort. Der Verlierer scheint einer Umfrage
zufolge schon jetzt festzustehen: Premierministerin May.

London (dpa) - Nach Ansicht von knapp drei Viertel aller britischen
Abgeordneten hat Premierministerin Theresa May einen schlechten Job
bei den Brexit-Verhandlungen gemacht. Die Meinungsverschiedenheiten
im Unterhaus hätten sich binnen eines Jahres erheblich vergrößert,
ergab eine Befragung der Parlamentarier durch die Londoner
Universität Queen Mary gemeinsam mit einer Denkfabrik. Angesichts
solcher Verhältnisse sei es kaum möglich, dass May das von ihr mit
Brüssel ausgehandelte Brexit-Abkommen durch das Parlament bringe.

Am Mittwoch setzen die Abgeordneten ihre Brexit-Debatte im Unterhaus
fort. Am 15. Januar sollen sie dann über das Abkommen abstimmen.

Großbritannien will sich am 29. März von der Europäischen Union
trennen. Ein «No Deal» - also ein ungeregelter Austritt ohne Abkommen
- könnte fatale Folgen für fast alle Lebensbereiche haben. Vor allem
die Wirtschaft befürchtet Einbußen. Bei einem geregelten Austritt
hingegen würde eine Übergangsphase bis mindestens Ende 2020 gelten,
in der sich praktisch nichts ändert.

In Mays Konservativer Partei stößt das Abkommen auf viel Ablehnung.
Im Dezember überstand die Premierministerin ein Misstrauensvotum
ihrer Fraktion. Die nordirische DUP, auf deren Stimmen Mays
Minderheitsregierung angewiesen ist, verweigert die Gefolgschaft. Der
Chef der Labour-Partei, Jeremy Corbyn, setzt auf eine Neuwahl.

Die Abgeordneten des Unterhauses sicherten sich bei der
Verabschiedung des EU-Austrittsgesetzes im vergangenen Jahr eine Art
Veto-Recht für das Abkommen. Demnach kann die Regierung den Vertrag
nur mit vorheriger Billigung des Parlaments unterzeichnen. Die
Abgeordneten können die Zustimmung auch mit Bedingungen versehen.

Ursprünglich war die Abstimmung schon für den 11. Dezember geplant.
Wegen der sich abzeichnenden Niederlage verschob May das Votum aber
auf den 15. Januar. Angesichts der verfahrenen Situation im Parlament
wird zunehmend über eine Verschiebung des Brexits spekuliert.

Der britische «Telegraph» berichtete, Regierungsvertreter aus London
hätten in Brüssel vorgefühlt, ob eine Verlängerung der
Verhandlungsfrist nach EU-Artikel 50 infrage käme. Nach Informationen
der Deutschen Presse-Agentur wird eine solche Verlängerung oder
Verschiebung auf EU-Seite nicht ausgeschlossen.

Die Briten votierten im Juni 2016 mit 51,9 Prozent für den Brexit.
Rufen nach einem zweiten Referendum erteilte May eine Absage.