Juncker redet korruptionsgeplagtem Rumänien ins Gewissen

11.01.2019 14:00

In den kommenden sechs Monaten wird Rumänien in Europas Fokus stehen.
Das Land hat aber etliche innenpolitische Probleme. Hilft das
Rampenlicht da weiter?

Bukarest (dpa) - EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat dem
korruptionsgeplagten und innenpolitisch gespaltenen Rumänien zum
Auftakt des EU-Vorsitzes ins Gewissen geredet. «Rumänien muss die
internen Bedingungen für eine erfolgreiche Präsidentschaft schaffen»,

sagte Juncker am Freitag in Bukarest. Er warnte zugleich vor
Rückschritten bei der Rechtsstaatlichkeit.

Das Land hat in den kommenden sechs Monaten den Vorsitz unter den 28
EU-Staaten inne. Aufgabe ist dabei vor allem, die Agenda zu gestalten
und Kompromisse zu ermöglichen. Mit dem voraussichtlichen EU-Austritt
Großbritanniens am 29. März sowie den Verhandlungen über den
EU-Haushaltsrahmen ab 2021 stehen richtungsweisende Ereignisse an.

Zwischen der sozialliberalen Regierung in Bukarest und dem der
bürgerlichen Opposition nahe stehenden Staatschef Klaus Iohannis
herrscht allerdings Streit. Aus Iohannis' Sicht - sowie aus Sicht der
EU-Kommission - macht Rumänien unter anderem Rückschritte beim Kampf
gegen die Korruption.

Seit dem EU-Beitritt 2007 steht das Land unter besonderer
Beobachtung. Die EU-Kommission kritisierte unlängst unter anderem
«den Druck auf die unabhängige Justiz im Allgemeinen und insbesondere
auf die Nationale Direktion für Korruptionsbekämpfung sowie weitere
Schritte, die der Korruptionsbekämpfung zuwiderlaufen». Zudem sieht
sie Einschränkungen der Medien und der Handlungsfreiheit der Justiz.

Seit dem Antritt der sozialliberalen Regierung 2016 stellte die
Brüsseler Behörde erhebliche Rückschritte fest. Hintergrund ist, dass

der Chef der regierenden Sozialdemokraten (PSD), Liviu Dragnea, wegen
Wahlmanipulationen vorbestraft ist und deshalb nicht selbst
Ministerpräsident werden darf. Er kontrolliert jedoch Partei und
Regierung.

Die von der Regierung angedachte Amnestie für Korruptionsdelikte wäre
ein Schritt zurück, sagte Juncker nun am Freitag weiter. Zu
grundlegenden Fragen dürfe es in Europa keine Kompromisse geben.

Rumäniens Regierungschefin Viorica Dancila betonte, Rumänien wolle
während des EU-Vorsitzes ein ehrlicher Vermittler sein. «Wir wollen
Einigkeit in der EU angesichts der derzeitigen Herausforderungen
schaffen.» Sie pochte zudem darauf, dass ihr Land aus der besonderen
Beobachtung entlassen und in den grenzkontrollfreien Schengen-Raum
aufgenommen wird.

Er hoffe, dass beides in seiner Amtszeit geschehen könne, sagte
Juncker. Der Plan sei es gewesen, die besondere Beobachtung bis zum
Ende der Kommissionsamtszeit - diese endet in diesem Jahr -
abzuschließen, sagte er. Beim Schengen-Beitritt wolle er zudem
skeptische Mitgliedstaaten, wie etwa die Niederlande, überzeugen,
dass Rumänien sämtliche technischen Voraussetzungen mittlerweile
erfülle.

Dem Land selbst machte er zum Auftakt des EU-Vorsitzes auch Mut:
«Ohne Rumänien ist die EU nicht komplett.» Rumäniens Staatschef
Iohannis sagte, Regierung und Parlament müssten alles dafür tun, um
die Aufhebung des Überwachungsmechanismus' zu ermöglichen.