Frankreich stellt sich bei deutsch-russischer Pipeline quer

08.02.2019 04:22

Seit langem gibt es Skepsis gegenüber Nord Stream 2. Vor allem die
USA sehen die Erdgas-Pipeline von Russland nach Europa kritisch. Nun
sträubt sich auch Frankreich. Steht das in Teilen schon
fertiggestellte Milliardenprojekt nun vor dem Aus?

Brüssel (dpa) - Im Streit über die deutsch-russische Gasleitung Nord
Stream 2 durch die Ostsee steht an diesem Freitag eine folgenreiche
EU-Entscheidung an. Es geht um eine Änderung der EU-Gasrichtlinie,
die es der EU-Kommission ermöglichen würde, das von den USA
kritisierte Pipeline-Projekt deutlich strenger zu regulieren.
Frankreich hatte lange Deutschland unterstützt, dann aber am
Donnerstag überraschend angekündigt, für die EU-Gasrichtlinie stimmen

zu wollen.

Die Mehrheitsverhältnisse in der EU würden sich damit aller
Voraussicht nach entscheidend verändern und zu einer Annahme der
Richtlinienvorschläge führen. Das würde nicht automatisch das Ende
des milliardenschweren Pipelineprojekts bedeuten, es aber
wirtschaftlich weniger interessant machen. Zudem würde sich die Frage
stellen, wie stabil und eng die oft beschworene deutsch-französische
Partnerschaft wirklich ist.

Für die hinter dem Pipeline-Projekt stehende Bundesregierung und die
Bauherren wäre eine Änderung der Gasrichtlinie ein schwerer Schlag.
Die 1200 Kilometer lange Ostsee-Pipeline von Russland nach
Deutschland ist nämlich bereits im Bau und soll eigentlich Ende 2019
in Betrieb gehen. Zusätzliche Auflagen könnten das Projekt weniger
profitabel oder sogar unwirtschaftlich machen.

Eine Auflage sieht zum Beispiel vor, dass ein Gaslieferant nicht
gleichzeitig Betreiber einer Leitung sein darf. Bei Nord Stream 2 ist
dies bislang der Fall. Das Projekt wird von dem russischen
Energiekonzern Gazprom gesteuert.

Die Abstimmung über die Überarbeitung der Gasrichtlinie soll bei
einem regulären Treffen der ständigen Vertreter der 28
Mitgliedstaaten erfolgen. Gibt es dort die notwendige Mehrheit,
dürfte die neue Richtlinie bereits vor der Europawahl endgültig
beschlossen werden. Noch notwendige Verhandlungen mit dem
Europaparlament gelten als Formalie, da es dort eine klare Mehrheit
für das Projekt gibt.

Mit Nord Stream 2 sollen jährlich bis zu 55 Milliarden Kubikmeter
Erdgas aus Russland an Drittstaaten wie der Ukraine oder Polen vorbei
durch die Ostsee nach Deutschland transportiert werden können. Ende
2018 waren bereits 370 Kilometer der 1200 Kilometer langen
Rohrleitung verlegt. Die baltischen Staaten und Polen sehen die
Trasse als Gefahr für ihre Sicherheit. Die Ukraine befürchtet den
Verlust von Milliardeneinnahmen als Transitland für russisches Gas.
Die USA warnen vor einer zu großen Abhängigkeit Europas von Russland.
Zudem wollen sie selber Gas in Europa verkaufen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel entgegnete in der slowakischen
Hauptstadt Bratislava am Donnerstag, sie sehe nicht, dass sich
Deutschland oder Europa durch Nord Stream 2 in eine Abhängigkeit von
Russland begeben. Deutschland wolle ja auch Anlagen einrichten für
Flüssiggas aus den USA.