Kompromiss im Streit um Pipeline Nord Stream 2 - Pegel zuversichtlich

09.02.2019 06:00

Der Bau der russisch-deutschen Erdgaspipeline Nord Stream 2 durch die
Ostsee ist eines der umstrittenesten Energieprojekte in Europa. Jetzt
haben Gegner und Befürworter einen Kompromiss vereinbart. In
Mecklenburg-Vorpommern, wo die Leitung ankommt, atmet man auf.

Brüssel/Schwerin (dpa/mv) - Im Streit über den Bau der
russisch-deutschen Erdgaspipeline Nord Stream 2 haben sich die
EU-Staaten auf einen Kompromiss verständigt. Die am Freitag in
Brüssel ausgehandelte Einigung sieht vor, über Änderungen an der
EU-Gasrichtlinie strengere Auflagen für das Projekt zu erlassen, wie
Diplomaten mitteilten. Zugleich soll aber sichergestellt werden, dass
das Milliarden-Projekt dadurch nicht bedroht wird. Auf den letzten
Punkt hatte vor allem die Bundesregierung gedrungen. Aus Kreisen des
Pariser Élyséepalastes hieß es, 27 der 28 EU-Staaten hätten der
Einigung zugestimmt, nur Bulgarien nicht.

Die Einigung im Streit über die Gas-Richtlinie der EU wertete
Mecklenburg-Vorpommerns Energieminister Christian Pegel (SPD) als
wichtiges Signal. Der angekündigte Kompromiss zeige, dass die EU auch
in schwierigen Fragen handlungsfähig sei. Zuvor hatte Pegel davor
gewarnt, Nord Stream 2 als wichtiges Infrastrukturprojekt der
europäischen Energiewirtschaft zum politischen Spielball zu machen.
«Wichtig ist, dass das Projekt nicht wirtschaftlich erdrosselt wird»,
betonte Pegel in Schwerin. Die Fertigstellung der Ostsee-Pipeline,
durch die von Ende 2019 an russisches Gas nach Deutschland strömen
soll, sei wichtig für die gesicherte Gasversorgung in Europa.

Die Bundesregierung wollte eine weitreichende Überarbeitung der
EU-Gas-Richtlinie eigentlich verhindern, musste sich aber nach einem
politischen Kurswechsel Frankreichs auf Verhandlungen einlassen. Der
wichtigste EU-Partner Deutschlands war zuvor überraschend aus dem
Lager der Gegner der Richtlinienänderung in das der Befürworter
gewechselt.

Die Befürworter argumentieren, dass die Leitung die energiepolitische
Abhängigkeit Europas von Russland unnötig verstärke und den
Interessen von osteuropäischen EU-Staaten und Partnerländern wie der
Ukraine schade. Letzteres ist dadurch zu erklären, dass russisches
Gas bislang durch Osteuropa in Richtung Westen geleitet wird. Länder
wie die Ukraine und Polen verdienen daran über sogenannte
Durchleitungsgebühren viel Geld. Unter anderem Polen wollte die
Richtlinie deswegen eigentlich so ändern, dass die bereits im Bau
befindliche Leitung von Russland nach Deutschland über zusätzliche
Auflagen gestoppt werden könnte.

Die US-Botschafter in Deutschland, Dänemark und bei der EU hatten
Partnerländer Deutschlands aufgerufen, die Änderung der
EU-Gasrichtlinie zu unterstützen. Als Begründung nannten auch sie die
Gefahr einer zu großen Abhängigkeit von Russland in Energiefragen.

Doch ungeachtet der internationalen Kritik befürwortet die
Bundesregierung das Projekt. Die 1200 Kilometer lange Leitung durch
die Ostsee ist im Bau und wird den Plänen zufolge Ende 2019
fertiggestellt. Sie soll im wesentlichen parallel zum Doppelstrang
Nord Stream 1 verlaufen, durch den seit 2011 russisches Gas nach
Deutschland strömt. Anlandepunkt ist jeweils Lubmin bei Greifswald.
Durch beide Doppel-Leitungen sollen künftig jeweils bis zu 55
Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Russland an Drittstaaten wie der
Ukraine oder Polen vorbei durch die Ostsee nach Deutschland
transportiert werden.

Neben Pegel verteidigten weitere Politiker aus Mecklenburg-Vorpommern
die Fertigstellung der Gaspipeline Nord Stream 2. Fakt sei, dass die
Argumente der Sicherheit und Versorgungsunabhängigkeit Europas von
den Gegnern nur als Deckmäntelchen für wirtschaftliche Interessen
benutzt würden. «Die USA fürchten um einen riesigen Absatzmarkt für

ihr teures Fracking-Gas. Das ist alles, was hinter der Forderung nach
einem Baustopp steht», erklärte die energiepolitische Sprecherin der
Linksfraktion im Landtag, Mignon Schwenke. AfD-Landeschef Leif-Erik
Holm wertete die Verschärfung der EU-Gas-Richtlinie als weiteren
Versuch, «das absolut sinnvolle Energie-Projekt Nord Stream 2 zu
torpedieren».