SPD will Digitalsteuer - EU-Kommissar: Einstimmigkeitsprinzip bremst

11.02.2019 16:17

Berlin (dpa) - Um bei umstrittenen Fragen wie der Digitalsteuer für
Internetkonzerne in der EU rascher zu Entscheidungen zu kommen,
fordert EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici ein Ende des
Einstimmigkeitsprinzip. «Wir können nicht akzeptieren, dass das Veto
von einem Staat alles andere blockiert», sagte Moscovici am Montag in
Berlin am Rande eines Besuchs der SPD-Vorstandsklausur. Bisher gibt
es nur Entscheidungen, wenn alle 28 EU-Staaten zustimmen. So gibt es
auch bei der stärkeren Besteuerung von Digitalkonzernen einen
Dissens, Irland etwa als Europasitz mehrerer Internetkonzerne bremst.
Moscovici hat jüngst angekündigt, dass bis 2025 das Prinzip der
Einstimmigkeit bei Steuerfragen schrittweise aufgegeben werden soll.

Mit Blick auf den geplanten EU-Austritt Großbritanniens wollte er
sich nicht an Spekulationen beteiligen, ob bei einem ungeregelten
Austritt ohne Abkommen Ende März die Grenze zwischen dem EU-Mitglied
Irland und Nordirland als Teil Großbritannien sofort geschlossen
werden müsste. «Es ist jetzt die Zeit, sich vorzubereiten, nicht zu
spekulieren.» Die Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl am 26.
Mai, Justizministerin Katarina Barley, hatte jüngst die Grenze
besucht und warnte vor einer Rückkehr des Nordirlandkonflikts.

Mit Blick auf ein zentrales Wahlkampfthema, mehr Steuergerechtigkeit
in Europa, betonte sie, es gehe darum, das Gemeinwohl fair zu
finanzieren. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, für Unternehmen
mit einem weltweiten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro
sowie einem Online-Umsatz von 50 Millionen Euro in Europa drei
Prozent Ertragssteuer zu erheben. Klassische Wirtschaftsunternehmen
zahlen Schätzungen zufolge mehr als 20 Prozent Steuern,
Digitalkonzerne gerade einmal halb so viel. Zwar pocht die SPD auf
eine stärkere Besteuerung der Digitalkonzerne, aber auch ihr eigener
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) trat hier zuletzt auf die Bremse und
möchte erst eine Lösung im Rahmen der OECD-Staaten ausloten. Experten
fürchten, dass die EU-Staaten bei einem Alleingang die USA gegen sich
aufbringen könnten - die ohnehin weiter mit neuen Strafzöllen drohen.