Worum es bei Gesetzesplänen zum Diesel geht - und worum nicht

14.02.2019 12:21

Berlin (dpa) - Drohende Diesel-Fahrverbote erhitzen weiter die
Gemüter. Die Bundesregierung will mit einer Gesetzesänderung
erreichen, dass Sperrungen in Städten mit einer relativ geringen
Überschreitung von Schadstoffgrenzwerten leichter vermieden werden
können - der geltende EU-Grenzwert aber soll nicht gesenkt werden.

DARUM GEHT ES:

Die Regierung plant eine Änderung des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Demnach sollen in Städten, in denen
die Belastung von 50 Mikrogramm Stickoxid (NO2) pro Kubikmeter Luft
im Jahresmittel nicht überschritten wird, Verkehrsbeschränkungen «in

der Regel nicht erforderlich» sein, weil sie «in der Regel» nicht
verhältnismäßig seien und andere Maßnahmen reichten, um die
Luftverschmutzung auf das erlaubte Maß zu drücken. Dieses definiert
weiterhin der seit 2010 verbindliche EU-weite Grenzwert von 40
Mikrogramm im Jahresmittel.

Der Vorstoß des Bundes geht zurück auf das Grundsatzurteil des
Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig vor einem Jahr. Es hatte
entschieden, dass Fahrverbote grundsätzlich zulässig sind - sie
müssen aber «verhältnismäßig» sein. Das Verhältnismäßigke
itsprinzip
ist ein allgemeiner Grundsatz des öffentlichen Rechts.

In vielen deutschen Städten wird der EU-Grenzwert für das als
gesundheitsschädlich geltende NO2 nach wie vor überschritten.
Hauptursache sind Dieselabgase. In der Mehrzahl der Fälle aber liegt
der Wert aber unter 50 Mikrogramm.

Die EU-Kommission hat nun erklärt, sie habe keine grundsätzlichen
Bedenken gegen die deutschen Pläne. Der Bundestag muss diesen noch
zustimmen. Die geplanten Änderungen beim Immissionsschutzgesetzes
sind Teil eines Pakets der Koalition gegen Diesel-Fahrverbote.

DARUM GEHT ES NICHT:

Die Pläne bedeuten keineswegs, dass Grenzwerte aufgeweicht oder gar
erhöht werden. Es gilt weiter der Grenzwert von 40 Mikrogramm -
diesen kann die Bundesregierung auch gar nicht eigenständig ändern
oder aussetzen. Er muss auch weiterhin eingehalten werden, das ist
geltendes Recht.

Das Umweltministerium hatte stets betont, dass auch nach der
geplanten Änderung des Immissionsschutzgesetzes Kommunen in Fragen
von Diesel-Fahrverboten selbst entscheiden könnten. Fahrverbote im
Fall einer geringeren Grenzwertüberschreitung zu verbieten, sei dem
Bund nicht möglich. Ob im Falle einer Gesetzesänderung Fahrverbote in
Städten mit einer Belastung von unter 50 Mikrogramm wirklich
vermieden werden können, wird sich am Ende vor Gerichten erweisen.

«Die Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ändert in der Sache

nichts», sagt der Anwalt Remo Klinger, der die klagende Deutsche
Umwelthilfe in vielen Fahrverbotsfällen vor Gericht vertreten hat.
Fahrverbote seien weiter möglich auch in Städten mit einer Belastung
unter 50 Mikrogramm, wenn alle sonstigen Möglichkeiten ausgeschöpft
seien. Das stelle die Bundesregierung in der Begründung der
Gesetzesänderung ausdrücklich klar. Fahrverbote seien immer eine
Ultima Ratio - also das letzte Mittel, wenn alle anderen Maßnahmen
nicht bewirkten, dass Grenzwerte eingehalten werden.