Brexit-Schlappe für May: Kommt Ende Februar die Stunde der Wahrheit?

15.02.2019 04:30

Lässt es die britische Premierministerin wirklich auf einen
ungeordneten EU-Austritt ankommen? Nach der jüngsten Niederlage im
Parlament gibt sie sich stur. Am 27. Februar könnte die letzte Chance
für die Abgeordneten sein, einen No-Deal-Brexit zu verhindern.

London (dpa) - Nach der erneuten Niederlage der britischen
Premierministerin Theresa May mit ihrem Brexit-Kurs im Parlament
wächst die Sorge vor einem ungeregelten EU-Austritt des Landes.

Die Abgeordneten in London lehnten am Donnerstag eine
Beschlussvorlage der Regierung mit 303 zu 258 Stimmen ab. Damit ist
wieder völlig offen, wie May rechtzeitig zum EU-Austritt am 29. März
eine Mehrheit im Unterhaus für das von ihr mit Brüssel ausgehandelte
Austrittsabkommen zusammenbekommen soll. Forderungen nach einer
Verschiebung des Brexits lehnt sie bislang vehement ab.

Die Abgeordneten hatten May Ende Januar den Auftrag gegeben, das mit
Brüssel vereinbarte Abkommen wieder aufzuschnüren. Die
Premierministerin hatte sich zum Erstaunen Brüssels hinter den Antrag
gestellt und war damit auf Schmusekurs zu den Brexit-Hardlinern
gegangen. Nun wollte sie sich das Mandat um zwei weitere Wochen
verlängern lassen. Doch ausgerechnet am Valentinstag war der Flirt zu
Ende. Die Brexit-Hardliner versagten May die Gefolgschaft.

Stein des Anstoßes war, dass gleichzeitig auch eine weitere
Entscheidung des Parlaments aus der ersten Abstimmungsrunde bestätigt
werden sollte: die Ablehnung eines EU-Austritts ohne Abkommen mit
chaotischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere
Lebensbereiche. Obwohl das Votum keine bindende Wirkung hatte,
wollten einige Brexit-Hardliner das nicht mittragen.

May gab sich dennoch unbeirrt. In einer Mitteilung der Regierung hieß
es am Donnerstagabend, die Premierministerin halte dennoch an ihrer
Strategie fest. «Der Beschluss vom 29. Januar bleibt der einzige, bei
dem das Unterhaus zum Ausdruck gebracht hat, was es will.»

Doch bei den Abgeordneten rumort es. Die neue Schlappe sei ein Symbol
für den «tiefgreifenden Führungsmangel» sowohl bei den Konservative
n
als auch in der Labour-Partei, sagte die pro-europäische konservative
Rebellin Anna Soubry. «Wir befinden uns in einem solchen
Schlamassel.» Die Glaubwürdigkeit der Premierministerin sei schwer
angeschlagen.

Verteidigungsstaatssekretär Tobias Ellwood von den regierenden
Konservativen kritisierte Teile seiner eigenen Partei scharf: Eine
Gruppe von Brexit-Hardlinern verhalte sich «wie eine Partei in der
Partei und das ist frustrierend». Sie hätten die neue Schlappe für
May verursacht. Entscheidend sei nun die nächste Abstimmungsrunde am
27. Februar.

Eine parteiübergreifende Gruppe von Abgeordneten plant, der Regierung
dann die Kontrolle über den Austrittsprozess zu entreißen, sollte
sich ein No-Deal-Brexit abzeichnen. Der Plan sieht vor, May zum
Verschieben des EU-Austritts zu zwingen, falls sie bis Mitte nächsten
Monats keinen Erfolg mit ihrem Austrittsabkommen hat. Doch ob sich
die Gegner eines EU-Austritts ohne Abkommen durchsetzen können, ist
ungewiss.

Die Grünen-Politikerin Franziska Brantner rief May auf, endlich
«einen parteiübergreifenden Kompromiss» zu schmieden. «Es ist
allerhöchste Eisenbahn», sagte die europapolitische Sprecherin der
Grünen weiter. Katarina Barley, die SPD-Spitzenkandidatin für die
Europawahl, sagte der Deutschen Welle, May habe in den vergangenen
Wochen nur noch versucht, Zeit zu gewinnen und mehr Druck auf die
anderen EU-Mitgliedstaaten zu machen. «Das ist eine Strategie, die
nicht funktionieren wird», zeigte sich Barley überzeugt, die sowohl
die deutsche als auch die britische Staatsbürgerschaft hat.