Ifo: US-Sonderzölle könnten deutsche Auto-Exporte fast halbieren

16.02.2019 09:26

Bald will Washington entscheiden, ob Autoimporte die nationale
Sicherheit betreffen. US-Präsident Trump hätte dann Sonderzölle zur
Hand. Diese würden deutsche Autobauer stark treffen. US-Hersteller
könnten profitieren - doch die Rechnung hat einen Haken.

München (dpa) - US-Präsident Donald Trump könnte laut dem Münchner

ifo Institut die deutschen Autobauer durch Sonderzölle auf Autos
empfindlich treffen. Sollten die USA die Importzölle dauerhaft um 25
Prozent erhöhen, könnten sich die deutschen Autoexporte in die USA
langfristig fast halbieren, wie aus Berechnungen des Instituts
hervorgeht. Das würde sich auch spürbar auf die Ausfuhren insgesamt
auswirken: «Diese Zölle würden die gesamten Auto-Exporte aus
Deutschland um 7,7 Prozent verringern, was einem Wert von 18,4
Milliarden Euro entspräche», sagt ifo-Experte Gabriel Felbermayr.

Exporte in andere Länder und Sektoren könnten diesen Effekt zwar
etwas abfedern, es bleibe aber bei einem Rückgang der gesamten
deutschen Exporte um 11,6 Milliarden Euro, so Felbermayr.

Unterdessen rückt eine Entscheidung über mögliche Zölle näher. Am

Sonntag endet die Frist für eine Entscheidung des
US-Handelsministeriums darüber, ob der Import von Autos und
Zulieferteilen die nationale Sicherheit des Landes beeinträchtigt.
Sollte dies der Fall sein, könnte Trump binnen 90 Tagen darüber
befinden, ob er Sonderzölle erheben will. Zuletzt wurden Sonderzölle
in Höhe von 25 Prozent ins Gespräch gebracht. Dadurch will Trump das
amerikanische Handelsdefizit abbauen und Jobs in den USA schaffen.

Wann genau die Entscheidung des Ministeriums öffentlich wird, ist
bislang unklar - am kommenden Montag ist in den USA ein Feiertag. Das
Ministerium wollte sich vorab nicht zu der Entscheidung äußern.

Sollte Trump ernst machen, dürfte dies laut Felbermayr die
Wertschöpfung der deutschen Autoindustrie um rund fünf Prozent
beziehungsweise um sieben Milliarden Euro senken. Innerhalb der EU
würden etwa 60 Prozent des Schadens für die Wirtschaftskraft auf die
Bundesrepublik entfallen. Die Wertschöpfung in der US-Autoindustrie
dürfte dagegen um rund 25 Milliarden Euro steigen.

Der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, verteidigte die
möglichen Zölle. Dies sei die einzige Möglichkeit, die Europäer zu

Gesprächen über Freihandel zu bringen. «Die Europäer sind überhau
pt
nur bereit, mit uns zu verhandeln, weil Autozölle drohen», sagte
Sondland der «Wirtschafswoche». «Bei diesen Themen geht es um viel
Geld. Es sieht so aus, als ob nur Druckmittel funktionieren.»

Noch im Dezember hatte eine Delegation deutscher Automanager von VW,
Daimler und BMW Trump getroffen, um ihn von Sonderzöllen abzubringen
- doch wie viel das brachte, bleibt unklar.

Die deutsche Autoindustrie warnt vor Abschottung und verweist auf die
Bedeutung der deutschen Autobauer und Zulieferer für den
US-Arbeitsmarkt. «2018 waren rund 118 000 Mitarbeiter in ihren Werken
direkt beschäftigt, rund 8000 mehr als ein Jahr zuvor», heißt es vom

Verband der Automobilindustrie (VDA). «Während wir 2018 rund 750 000
Fahrzeuge in den deutschen US-Werken produziert haben, wurden nur 470
000 Neuwagen aus Deutschland in die USA exportiert.»

Würde es keine Gegenreaktion anderer Länder geben, könnten die USA
langfristig von Sonderzöllen erheblich profitieren, sagt Felbermayr.
«Porsche, Audi, BMW, Mercedes & Co würden verstärkt in den USA
produzieren und so die Zölle umgehen.» Wer weiter in die USA
exportiere, müsse die Preise senken. Außerdem würden die USA
Milliarden an Zolleinnahmen kassieren. Das Problem ist nur:
«Gegenzölle machen das alles kaputt.»

Und das könnte der Haken an Trumps Rechnung sein. Schon auf die zuvor
verhängten US-Sonderzölle auf Stahl und Aluminium hatte die EU mit
Einfuhrschranken auf US-Produkte reagiert - etwa auf Whiskey. Und
hier zeigen sich bereits Folgen: Die Whiskey-Exporte aus den USA in
die EU sind laut dem US-Branchenverband The Distilled Spirits Council
zuletzt deutlich gesunken. Allerdings geht es hier um vergleichsweise
kleine Summen. Zu einer möglichen Reaktion auf US-Autozölle will sich
die EU-Kommission vorerst nicht äußern.