Timmermans in Budapest: Europawahl berührt die «Seele Europas»

16.02.2019 14:04

Budapest (dpa) - Der Vizechef der EU-Kommission und Spitzenkandidat
der Sozialdemokraten für die Europawahl im Mai, Frans Timmermans, hat
in Budapest die Bedeutung des EU-weiten Urnengangs unterstrichen.
«Diese Wahl ist wesentlich für die Solidarität in Europa, diese Wahl

berührt die Seele Europas», erklärte der niederländische Politiker
am
Samstag auf einem Parteikongress der ungarischen Sozialdemokraten.

Sollte er nach der Wahl EU-Kommissionspräsident werden, würde er sich
für europaweite Minimallohnregelungen und die Beseitigung der
Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen einsetzen, führte
er weiter aus. «Es wird ein soziales Europa geben, oder es wird kein
Europa geben.»

Die Europawahl sei aber auch wichtig, um autoritären Tendenzen auf
dem alten Kontinent entgegenzutreten. Die Medienfreiheit und die
Unabhängigkeit der Justiz müssten verteidigt, die Korruption müsse

bekämpft werden. Unter dem seit 2010 amtierenden rechts-nationalen
Ministerpräsidenten Viktor Orban hätten gerade in Ungarn nach Ansicht
von Kritikern die Freiheitsrechte gelitten, sei die Korruption
systemhaft geworden.  

Der 57-jährige Timmermans ist im Europawahlkampf der große Rivale des
konservativen Kandidaten Manfred Weber (CSU), der für die Europäische
Volkspartei (EVP) antritt. Beide wollen Nachfolger von
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker werden. 

Einen Eindruck vom aufgepeitschten Klima in Budapest konnte sich
Timmermans am Freitagabend machen, als er das Gebäude des privaten
TV-Senders ATV für ein Interview aufsuchte. Ein bekannter
Medien-Aktivist der Orban-Partei Fidesz stellte sich ihm in den Weg
und rief ihm Phrasen auf Englisch zu wie: «Refugees. We don't want.
We don't want.» (Wir wollen keine Flüchtlinge). Die Orban-Regierung
unterstellt der EU-Kommission eine migrationsfördernde Politik.