Zehn Jahre nach dem Aus: Vermisst noch wer die Glühlampe? Von Michel Winde, dpa

15.03.2019 05:30

Vor einem Jahrzehnt wurde das Ende der Glühlampe eingeläutet. Mit der
Gemütlichkeit war es in vielen deutschen Wohnzimmern erstmal vorbei.
Hat sich die Entscheidung dennoch bewährt?

Brüssel (dpa) - Als die Glühlampe in der EU aus den Regalen flog, war
die Aufregung groß. Manche Politiker sprachen von Bevormundung der
Verbraucher, andere sahen Brüsseler Regulierungswut am Werk. Zehn
Jahre ist der Anfang vom Ende der Glühbirne am kommenden Montag her:
Am 18. März 2009 wurde die Verordnung der EU-Kommission erlassen.

Knapp sechs Monate später, ab September, ging es der Glühlampe dann
tatsächlich an den Kragen: Erst verschwanden die größten Stromfress
er
mit mehr als 100 Watt, Anfang 2010 jene mit mehr als 40 Watt, zwei
Jahre später auch noch die Schwächeren.

Dabei feiert die Glühlampe dieser Tage runden Geburtstag. Vor 140
Jahren, 1879, entwickelte US-Tüftler Thomas Alva Edison die erste
langlebige Kohlefaden-Glühlampe - und schuf damit das erste
elektrische Licht für den allgemeinen Gebrauch. Allerdings galt die
1880 patentierte Glühlampe irgendwann als riesiger Stromfresser. Im
Verhältnis zum Verbrauch wandelt sie nur etwa fünf Prozent der
Energie in Licht um, der Rest verpuffte als Wärme.

Die EU-Vorgaben zur Energie-Effizienz erfüllte die Glühlampe 2009
somit nicht, deshalb musste sie aus dem Handel. Restbestände durften
noch verkauft werden, Ausnahmen gibt es noch heute - etwa für
Backofen- und Kühlschranklampen.

Seit September 2018 dürfen in der EU auch die meisten Halogenlampen
nicht mehr in den Verkehr gebracht werden. Leuchtmittel unterhalb der
Energieeffizienzklasse B sind in der EU tabu. Hintergrund ist die
Ökodesign-Richtlinie der EU. Sie legt Anforderungen an die
Energieeffizienz von Produkten fest. Nach und nach sollen vor allem
jene Produkte vom Markt, die besonders viel Strom fressen - also
schlecht für die Umwelt sind.

Dass das Glühlampen-Verbot eine einsame Entscheidung Brüsseler
Bürokraten war, ist natürlich Quatsch. Stattdessen hatten die Spitzen
aller EU-Länder 2007 den Grundsatzbeschluss zur Abschaffung
stromfressender Glühlampen getroffen. Anschließend waren
EU-Kommission, die EU-Staaten und das Europaparlament mit der
Entscheidung befasst. Durch den Beschluss sollte nach Angaben der
EU-Kommission von damals Energie in Höhe des gesamten
Jahres-Stromverbrauchs eines Landes wie Rumänien eingespart werden.

So kommt es, dass die alte, bauchige Glühlampe mittlerweile nicht nur
aus den Regalen der Fachhändler und Baumärkte verschwunden ist,
sondern auch aus vielen Küchen, Wohnzimmern und Bädern. Und die
Aufregung? Die gibt es weitgehend nicht mehr.

«Ich kenne keinen, der die herkömmliche Glühlampe heute vermisst»,

sagt der Geschäftsführer des Fachverbands Licht, Jürgen Waldorf.
Thomas Engelke, der bei dem Verbraucherzentrale Bundesverband das
Team Energie und Bauen leitet, sagt: «Der große Aufschrei, davon ist
nichts mehr zu merken.» Damals habe das Aus der Glühlampe jedoch
einen Komfortverlust für viele Verbraucher bedeutet, weil die ersten
Energiesparlampen technisch noch nicht ausgereift gewesen seien.

Deshalb habe er Verständnis für den damaligen Missmut vieler Leute.
Mittlerweile gäbe es LED-Lampen jedoch mit sehr niedrigem
Stromverbrauch, langer Lebensdauer und verschiedenen Lichtspektren.
«LED schont Geldbeutel und Umwelt», sagt Engelke. Auch Waldorf zählt

die Vorteile moderner LED-Lampen auf: Manche Modelle könnten übers
Handy gesteuert werden, dabei seien Helligkeit und oft auch
Farbtemperatur verstellbar. Zunächst habe der Verbraucher durch
den Wegfall der Glühlampe jedoch Nachteile gehabt.

Deshalb sieht Christoph Mordziol vom Umweltbundesamt die Entscheidung
von vor zehn Jahren kritisch. Er weist darauf hin, dass sie auf
Grundlage der Einheit Lumen/pro Watt - also dem Verhältnis von
Helligkeit zu Elektroleistung der Lampen - getroffen wurde.
«Helligkeit ist ein wesentlicher Nutzen. Im Normalfall haben wir aber
noch andere Anforderungen», sagt Mordziol. In vielen Fällen wollten
Verbraucher möglichst natürliche Farben. Die Ersatzprodukte konnten
damit damals allerdings nur bedingt dienen.

LEDs waren 2009 teuer und nicht ausgereift. Energiesparlampen waren
grell und wenig gemütlich. Zudem dauerte es, bis sie ihre volle
Leuchtkraft entfalteten, und sie enthielten Quecksilber. Mit der
Gemütlichkeit war es in vielen Wohnzimmern erstmal vorbei. All das
erschwerte die Akzeptanz der EU-Entscheidung. Viele Verbraucher
legten sich Glühbirnen-Vorräte an. Mittlerweile dominieren die LEDs.
Von 2010 bis 2017 sind die Preise dafür nach Angaben der
EU-Kommission um 75 Prozent gefallen. «Der Ansatz war nicht ideal,
aber in der Wirkung zum Teil doch positiv», sagt Mordziol.

Der CDU-Politiker Peter Liese hat als Europaabgeordneter den gesamten
Gesetzgebungsprozess mitgestaltet - und sich für das Verbot der
Glühlampen eingesetzt. Für ihn ist die Entscheidung noch immer
richtig. «Es ist nach wie vor sinnvoll», sagt Liese. «Aber vom
Zeitablauf war das aus meiner Sicht nicht so geschickt.» Denn über
das Glühbirnen-Aus sei im Vorfeld viel zu wenig gesprochen worden. So
sei das Verbot für viele doch überraschend gekommen: «Aus heutiger
Sicht hätte ich die gleichen Regeln ein Jahr später eingeführt.»