EU beendet Marineeinsatz vor der libyschen Küste

27.03.2019 00:08

Europäische Marineschiffe haben in den vergangenen Jahren vor Libyen
Zehntausende Migranten aus Seenot gerettet. Damit soll jetzt bis auf
Weiteres Schluss sein. Die italienische Regierung kann sich im Streit
um die Operation Sophia als Sieger fühlen.

Brüssel (dpa) - Die EU will den in der Flüchtlingskrise begonnenen
Marineeinsatz vor der libyschen Küste vorerst beenden. Weil sich die
Mitgliedstaaten nicht auf ein neues System zur Verteilung von aus
Seenot geretteten Migranten einigen konnten, sollen die Aktivitäten
von Schleusernetzwerken im Rahmen der Operation Sophia bis auf
Weiteres nur noch aus der Luft beobachtet werden, wie die Deutsche
Presse-Agentur am Dienstagabend aus EU-Kreisen erfuhr. Die Ausbildung
libyscher Küstenschützer soll jedoch fortgesetzt werden.

Die Einigung wurde den Angaben zufolge am Dienstagabend nach
stundenlangen Verhandlungen im Politischen und Sicherheitspolitischen
Komitee erzielt. Sie soll für zunächst sechs Monate gelten und kann
nur noch bis diesen Mittwochmittag durch ein Veto aus den
Hauptstädten gestoppt werden. Dass es zu einem Einspruch kommt, gilt
allerdings als sehr unwahrscheinlich, weil die Operation dann Ende
des Monats mangels Mandats komplett eingestellt werden müsste. Das
aktuelle Mandat läuft am 31. März aus.

Eine weitere Verlängerung des Einsatzes von Schiffen scheiterte am
Veto Italiens. Die Regierung in Rom forderte seit Monaten eine
Änderung der Einsatzregeln, die vorsehen, dass bei der Operation aus
Seenot gerettete Migranten ausschließlich nach Italien gebracht
werden. Dem stand jedoch entgegen, dass sich Länder wie Ungarn oder
Polen weigern, einem festen Umverteilungsmechanismus zuzustimmen.

Verschärft wurde der Streit zuletzt durch die deutsche Ankündigung,
vorerst kein Schiff mehr für den Einsatz vor der libyschen Küste zur
Verfügung zu stellen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
begründete dies mit der italienischen Einsatzführung, die die
deutsche Marine in den vergangenen Monaten nicht mehr in die Nähe von
Flüchtlingsrouten geschickt hatte - offensichtlich um auszuschließen,
dass Migranten gerettet werden, die dann nach Italien gebracht
würden.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hatte die EU-Staaten in
den vergangenen Monaten mehrfach eindringlich dazu aufgerufen, eine
Fortsetzung der Operation Sophia zu ermöglichen. Sie verwies darauf,
dass die Zahl der illegal in Europa ankommenden Migranten im Verlauf
des Einsatzes um mehr als 80 Prozent gesunken sei - unter anderem
durch die Ausbildung der libyschen Küstenwache.

Seit Beginn der europäischen Marinepräsenz vor der Küste Libyens im
Jahr 2015 wurden allerdings auch schon knapp 50 000 Migranten nach
Italien gebracht - mehr als 22 500 von ihnen nach der Rettung durch
die deutsche Marine.