EU-Staaten geben grünes Licht für Handelsgespräche mit den USA

15.04.2019 21:50

Kann ein neuer Handelsdeal US-Präsident Donald Trump von der
Einführung von Sonderzöllen auf Importautos abhalten? Vor allem
Länder wie Deutschland setzen darauf große Hoffnungen. Jetzt kann
endlich verhandelt werden. Fragt sich nur, ob der Umfang reicht.

Luxemburg/Brüssel/Washington (dpa) - Der Weg für Gespräche zur
Beilegung des Handelsstreits zwischen der EU und den USA ist
endgültig frei. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten der EU beschloss am
Montag gegen den Widerstand Frankreichs das noch ausstehende Mandat
für Handelskommissarin Cecilia Malmström. Die Schwedin will nun so
schnell wie möglich mit der Regierung in Washington Verhandlungen
über die Abschaffung von Zöllen auf Industriegüter beginnen und übe
r
eine engere Zusammenarbeit bei der gegenseitigen Anerkennung von
Standards beraten.

Eine Einigung soll vor allem auch die Einführung von Sonderzöllen auf
europäische Autos verhindern. US-Präsident Donald Trump hatte damit
gedroht, sollte die EU Gespräche über neue Handelsregeln blockieren.
Davon wären vor allem deutsche Hersteller betroffen.

Schon am Montag deutete sich allerdings ein Konflikt im Agrarbereich
an. Die USA wollen auch über den Abbau von Agrarzöllen reden, was das
EU-Mandat nicht erlaubt. Trump kritisierte bei einem Besuch in
Burnsville im US-Bundesstaat Minnesota Handelsbarrieren der EU für
landwirtschaftliche Produkte aus den Vereinigten Staaten. «Man kann
unsere Bauern nicht so behandeln», sagte er.

Trump sagte mit Blick auf die EU: «Sie nehmen kaum etwas von unseren
Agrarprodukten und können trotzdem ihre Mercedes-Benz und alles, was
sie wollen, in unserem Land verkaufen, inklusive ihrer
Agrarerzeugnisse.» Der Präsident fügte hinzu: «Ich habe offen gesag
t,
wenn sich das nicht ändert, werden wir alle Eure Autos und alles
andere, was reinkommt, mit Zöllen belegen.»

Malmström verwies am Montag darauf, dass auch in der vergangenen Juli
zwischen Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker
getroffenen Grundsatzvereinbarung zur Schlichtung des Handelsstreits
kein Abbau von Agrarzöllen vorgesehen wurde. Malmström will die mit
den USA geplanten Verhandlungen nun möglichst bis Ende Oktober zu
einem Erfolg führen.

«Wir können das schnell machen, und von unserer Seite sind wir
entschlossen, alles für einen Abschluss unter der derzeitigen
Kommission zu tun», sagte Malmström in Brüssel. Wenn man sich mit den

USA nun darauf einige, loszulegen, könne es schnell gehen.

Juncker erklärte am Montag, dass Zollsenkungen für
Industrieerzeugnisse Schätzungen zufolge zu einer zusätzlichen
Erhöhung der EU- und US-Exporte um 26 Milliarden Euro führen könnten.

«Wir möchten eine Win-Win-Situation, die sowohl für die EU als auch
für die USA Vorteile bringt», sagte er. Über die
Regulierungszusammenarbeit sollen es Unternehmen nach Angaben der
EU-Kommission leichter haben, nachzuweisen, dass ihre Produkte die
technischen Anforderungen auf beiden Seiten des Atlantiks erfüllen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nannte die bei einem
Ministertreffen in Luxemburg getroffene Entscheidung einen
Durchbruch, um einen noch schlimmeren Handelskonflikt endgültig
abzuwenden. «Die Verhandlungen werden nicht leicht, aber wir werden
sie entschlossen führen zum Wohle beider Partner», kommentierte er.

Dass die EU-Staaten sich mit der Mandatsvergabe so schwer taten, lag
vor allem am Widerstand Frankreichs, das am Montag überstimmt werden
musste, um das Mandat zu beschließen. Staatschef Emmanuel Macron
hatte zuvor mehrfach darin erinnert, dass er grundsätzlich gegen die
Aufnahme von Handelsgesprächen mit Ländern sei, die das Pariser
Klimaschutzabkommen nicht akzeptieren. In EU-Kreisen wurde allerdings
davon ausgegangen, dass kurz vor der Europawahl im Mai auch die
lauten Stimmen von Freihandelskritikern in Frankreich eine Rolle
spielten. So hatte die Regierung in Paris lange versucht, die
Abstimmung über das Mandat einfach auf die Zeit nach der Europawahl
zu verschieben.

Frankreich war am Montag der einzige EU-Staat, der gegen das Abkommen
stimmte. Die belgische Regierung, die ebenfalls mit lauter
Freihandelskritik zu kämpfen hat, enthielt sich.

Die Entscheidung, Frankreich zu überstimmen, fiel vor allem aus Angst
vor neuen US-Sonderzöllen auf Autoimporte. Länder wie Deutschland
befürchten, dass dadurch Tausende Arbeitsplätze in der Autoindustrie
verloren gehen könnten. Die USA sind derzeit wichtigster Einzelmarkt
für Deutschlands Exporteure.

Sollten die USA Sonderzölle von bis zu 25 Prozent auf Importwagen
verhängen, könnten sich deutsche Autoexporte in die USA langfristig
fast halbieren, berechneten zuletzt Ökonomen vom ifo Institut.

Der Handelsstreit mit den USA war durch die Einführung von
US-Sonderzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte entbrannt und hat zur
Einführung von EU-Vergeltungszöllen auf US-Produkte geführt. Derzeit

drohen wegen eines Streits um Subventionen für Flugzeugbauer weitere
Sonderzölle in Milliardenhöhe.