Von Ketchup bis Wein: EU stellt Vergeltungszollpläne gegen USA vor

17.04.2019 14:23

Wer Weine und Tomatenketchup aus den USA mag, muss höhere Preise
fürchten. Weil sich der erbitterte Streit um Subventionen für
Flugzeugbauer bislang nicht lösen lässt, plant nun auch die EU
Vergeltungszölle - auf Kosten der Verbraucher?

Brüssel (dpa) - Die EU bereitet weitere Vergeltungszölle auf Waren
aus den USA vor. Mit Sonderabgaben auf Produkte wie Tomatenketchup,
Wein, Reisekoffer und Spielekonsolen soll der Schaden durch illegale
Subventionen für den US-amerikanischen Flugzeugbauer Boeing
ausgeglichen werden, wie die zuständige EU-Kommission am Mittwoch
mitteilte. Er wurde bereits 2012 auf rund 12 Milliarden Dollar (10,6
Mrd Euro) pro Jahr geschätzt und vor allem durch Wettbewerbsnachteile
für den europäischen Flugzeugbauer Airbus begründet.

Zuletzt hatte die EU bereits Vergeltungszölle auf US-Produkte wie
Whiskey, Jeans und Motorräder eingeführt, um amerikanische
Sonderzölle auf Stahl- und Aluminium-Importe auszugleichen.

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström betonte am Mittwoch, dass die
neuen Sonderzölle nur dann eingeführt werden sollen, wenn sich der
Subventionsstreit mit den USA nicht durch Verhandlungen lösen lässt.
«Die EU bleibt offen für Diskussionen», erklärte die Schwedin.
Voraussetzung sei allerdings, dass es keine Vorbedingungen gebe.

Um zu verhindern, dass die Vergeltungszölle auch Unternehmen und
Verbrauchern in Europa schweren Schaden zufügen, startete die
EU-Kommission mit der Veröffentlichung der Produktliste ein
öffentliches Konsultationsverfahren, das bis Ende Mai dauern soll.
Für Verbraucher in Europa könnten die Zusatzzölle zum Beispiel zu
Preiserhöhungen führen. Zudem dürften Unternehmen Umsatzeinbußen
verbuchen, die US-Produkte weiterverarbeiten oder importieren.

Neben den genannten Lebensmitteln und Getränken könnten auch Güter
wie amerikanische Traktoren, Hubschrauber, Fahrradrahmen sowie Nüsse,
Schokolade und gefrorener Fisch betroffen sein. Um Spielraum für
Kürzungen der Produktliste zu haben, führte die EU-Kommission auf
ihrer Liste Waren auf, deren jährlicher Importwert insgesamt rund 20
Milliarden Dollar (17,7 Mrd Euro) entspricht.

Die Grundlage für die EU-Pläne hatte am vergangenen Donnerstag der
Streitschlichtungsausschuss der Welthandelsorganisation (WTO) gelegt,
indem er ein Urteil zu illegalen Subventionen für den amerikanischen
Flugzeughersteller Boeing formell bestätigte. Die WTO muss später
auch noch die konkreten Vergeltungszollpläne billigen. Vermutlich
könnten die Sonderabgaben frühestens Anfang des kommenden Jahres
eingeführt werden, hieß es von Experten der EU-Kommission.

Erst in der vergangenen Woche hatten auch die USA Pläne für
Vergeltungszölle auf diverse Importe aus der EU vorgestellt. Sie
beruhen darauf, dass einem WTO-Urteil zufolge auch der europäische
Flugzeugbauer Airbus illegale Staatshilfen in Milliardenhöhe erhalten
hat. Die US-Sonderzölle sollen jährlich auf Güter im Wert von rund 11

Milliarden Dollar (9,7 Mrd Euro) fällig werden. Darunter sind neben
Produkten und Komponenten für die Luftfahrtindustrie auch zahlreiche
andere Waren wie etwa etliche Käsesorten, Olivenöl, Orangen oder
Meeresfrüchte. Die US-Zölle könnten bereits im Sommer eingeführt
werden.

Die Frage ist nun, ob die beiderseitigen Vorbereitungen für
Vergeltungszölle die Grundlage für Schlichtungsgespräche werden
können. Dagegen spricht, dass US-Präsident Donald Trump sein Land als
Opfer unfairer Handelsabkommen sieht und seinen Anhängern eine
strikte «Amerika zuerst»-Politik versprochen hat.

Trump droht zudem seit Monaten damit, die Einfuhrschranken für Autos
aus Europa zu erhöhen, was vor allem die deutsche Industrie hart
treffen würde. Um Autozölle zu verhindern, will die EU nun ein neues
Handelsabkommen mit den USA vereinbaren, das unter anderem
Zollfreiheit für Industrieprodukte vorsieht. Die Gespräche darüber
sollen in Kürze beginnen.

Der Handelsstreit zwischen dem US-Flugzeughersteller Boeing und
seinem europäischen Rivalen Airbus tobt bereits seit mehr als 15
Jahren. Sie werfen sich gegenseitig vor, unangemessene
Staatsbeihilfen in Anspruch genommen zu haben. Streitparteien bei der
WTO sind jedoch nicht die Unternehmen, sondern die USA und die
Europäische Union.