Europawahl: Zahmes Duell der Spitzenkandidaten Weber und Timmermans

17.04.2019 21:30

Manfred Weber zieht für Europas Christdemokraten im Wahlkampf, Frans
Timmermans für die Sozialdemokraten. Doch sie nennen sich freundlich
beim Vornamen und sind im Grundsätzlichen oft einig.

Paris/Brüssel (dpa) - Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber hat die
mögliche Teilnahme Großbritanniens an der Europawahl Ende Mai
kritisiert. Er habe ein Problem damit, wenn das zum EU-Austritt
entschlossene Land vorerst weiter mitentscheiden dürfe, sagte der
Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei im Sender France 24.
Gegenkandidat Frans Timmermans von den Sozialdemokraten begrüßte
hingegen klar die Verlängerung der Brexit-Frist bis Ende Oktober. Er
hoffe, dass Großbritannien doch in der Europäischen Union bleibe.

Weber und Timmermans äußerten sich in einer für Mittwochabend
aufgezeichneten Debatte des französischen Fernsehsenders. Als
Vertreter der bisher größten Parteien im Europaparlament werden
beiden Spitzenkandidaten Chancen auf die Nachfolge von
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eingeräumt. Das neue
Europaparlament wird vom 23. bis 26. Mai gewählt.

Bei dem Fernsehduell zeigten sich nur wenige grundsätzliche
Differenzen zwischen Weber und Timmermans. So betonte der
Sozialdemokrat, dass die Europäische Union mehr zur Verteilung des
Wohlstands zwischen Arm und Reich und für eine gerechtere Besteuerung
von Großkonzernen tun müsse. «Diese Gesellschaft ist ungerecht und
wir müssen das reparieren», sagte Timmermans.

Weber hielt dagegen, dass für Soziales und Steuern nicht die EU,
sondern die Mitgliedsstaaten zuständig seien. Man dürfe nicht
unbegründete Erwartungen wecken. Möglich sei nur, über Wachstum neue

Jobs zu fördern.

In der Flüchtlingspolitik betonte Weber den Schutz der Außengrenzen,
aber auch die humanitäre Pflicht zur Hilfe über Umsiedlungsprogramme.
«Nach der Wahl will ich das als Kommissionspräsident hochstufen: Es
muss oberste Priorität für den nächsten Anführer der Europäischen

Union sein, eine geeignete Antwort zu geben», sagte der
CSU-Politiker.

Timmermans stimmte grundsätzlich zu, mahnte Weber jedoch, sich
eindeutig von Parteikollegen wie dem ungarischen Ministerpräsidenten
Viktor Orban und dessen Abschottungspolitik zu distanzieren. Die
Ausgrenzung von Menschen wegen der Herkunft, Hautfarbe oder Religion
sei «sehr viel gefährlicher für unsere Zukunft als die
Migrationskrise», sagte Timmermans.

Weber pflichtete bei, Orban habe «Entscheidungen getroffen, die für
uns inakzeptabel sind». Deshalb sei Orbans Fidesz-Partei in der EVP
suspendiert worden. Und auch ein Parteiausschluss sei noch nicht vom
Tisch, sagte Weber. Die Entscheidung liege beim parteiinternen
Schiedsrichter Herman van Rompuy.