Angebliche Brexit-Lügen: Boris Johnson muss doch nicht vor Gericht

07.06.2019 15:45

London (dpa) - Der Favorit im Rennen um die Nachfolge der scheidenden
britischen Premierministerin Theresa May, Boris Johnson, muss nun
doch nicht wegen angeblicher Brexit-Lügen vor Gericht. Das entschied
das Londoner High Court in zweiter Instanz am Freitag in London.

Der private Kläger, Marcus Ball, hatte dem 54-jährigen
Ex-Außenminister vorgeworfen, die Öffentlichkeit mit Lügen beim
Referendum 2016 in die Irre geführt zu haben. Eine Richterin hatte
die Privatklage gegen Johnson Ende Mai in erster Instanz zugelassen.
Nun wurde sie von den High-Court-Richtern abgeschmettert.

Bei den Vorwürfen geht es um die Summe, die London wöchentlich an die
Europäische Union zahlt. Johnson hatte behauptet, dass das Vereinigte
Königreich wöchentlich 350 Millionen Pfund (knapp 400 Millionen Euro)
an die EU weiterleiten müsse. Dieses Geld könne besser in den
staatlichen Gesundheitsdienst NHS investiert werden. Der NHS gilt als
marode und ist besonders im Winter überlastet. Was Johnson
verschwieg: Großbritannien erhält einen erheblichen Teil seiner
Beiträge zurück.

Für seine Angaben hatte Johnson heftige Kritik einstecken müssen. So
rügte der Chef der Überwachungsbehörde für öffentliche Statistike
n
den exzentrischen Politiker im September 2017 in einem Brief: «Das
ist ein klarer Missbrauch öffentlicher Statistiken.»

Johnson war im vergangenen Jahr aus Protest gegen Mays Brexit-Kurs
als Außenminister zurückgetreten. Er will nun May beerben. Sie
kündigte an, am Freitag ihr Amt als Parteichefin der Konservativen
abzugeben. Bis Ende Juli soll ein Nachfolger bestimmt werden. Dann
will May auch die Regierungsgeschäfte abgeben. Ein knappes Dutzend
Politiker hat sich für die Nachfolge beworben.