Streit über neue EU-Spitze zieht sich

07.06.2019 20:04

Seit der Europawahl läuft das Rennen um die Nachfolge von
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Aber die Klärung dürfte

dauern.

Brüssel/Den Haag (dpa) - Im Streit über die neue Führung der
Europäischen Union ist kein rasches Ende in Sicht. Zwar berieten am
Freitagabend die Regierungschefs von Belgien, den Niederlanden,
Portugal, Spanien, Lettland und Kroatien in Brüssel über die
Nachfolge von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und andere
EU-Spitzenjobs. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte
dämpfte aber schon vor dem «Mini-Gipfel» die Erwartungen.

«Ich erwarte nicht, dass wir heute Abend zu einer Lösung kommen, aber
schon einen Schritt weiter», sagte Rutte nachmittags in Den Haag.
EU-Diplomaten und Parteivertreter in Brüssel äußerten sich ähnlich.

Entscheidungen würden noch nicht getroffen, hieß es.

Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament, Udo
Bullmann, forderte die Staats- und Regierungschefs auf, zuerst über
Inhalte und eine sozial-ökologische Wende für Europa zu sprechen.
«Die sollten sich nicht vorrangig über Posten unterhalten», sagte der

SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

Es geht zuerst um die Nachfolge des EU-Kommissionschefs Jean-Claude
Juncker. Ansprüche erheben der Fraktionschef der Europäischen
Volkspartei, Manfred Weber, und der niederländische Sozialdemokrat
Frans Timmermans, die beide Spitzenkandidaten bei der Europawahl
waren. Auch die Liberale Margrethe Vestager aus Dänemark rechnet sich
Chancen aus.

Die Ausgangslage ist jedoch kompliziert. Wer die Kommission künftig
führen will, braucht nicht nur eine Mehrheit im EU-Parlament, wo
mindestens ein Dreierbündnis nötig wäre. Darüber hinaus müsste de
r
Rat der EU-Staats- und Regierungschefs den Kandidaten mit der nötigen
Mehrheit nominieren. Dort haben sich der französische Präsident
Emmanuel Macron, Rutte und andere bereits gegen Weber gestellt.

Rutte sagte, als Liberaler unterstütze er Vestager. Doch fügte er mit
Blick auf seinen Landsmann Timmermans hinzu: «Er ist stark im Rennen
und er hat sicher eine Chance.» Eine Mehrheit für Timmermans oder
Vestager ist aber bislang auch nicht erkennbar - weder im Parlament
noch im Rat.

Die Staats- und Regierungschefs hatten die Ministerpräsidenten von
sechs Ländern als Unterhändler bestimmt: Rutte und den Belgier
Charles Michel für die Liberalen; den Spanier Pedro Sanchez und den
Portugiesen Antonio Costa für die Sozialdemokraten; den Letten
Krisjanis Karins und den Kroaten Andrej Plenkovic für die Europäische
Volkspartei (EVP), der auch CDU und CSU angehören. Die Teilnehmer
kamen am Freitagabend in Brüssel zusammen, wie eine EU-Diplomatin
bestätigte.