G20-Mächte machen Druck bei Besteuerung von Digitalriesen

08.06.2019 11:49

Auf EU-Ebene scheiterte das Projekt vor einigen Monaten, nun soll es
auf globaler Ebene klappen: Die G20-Wirtschaftsmächte kommen bei
Regeln zur Besteuerung von Digitalriesen wie Google und Facebook
voran. Doch der Teufel steckt im Detail.

Fukuoka (dpa) - Deutschland und Frankreich haben bei den führenden
Industrie- und Schwellenländern auf die rasche Einführung einer
weltweiten Konzern-Mindeststeuer gedrängt. «Wir müssen uns beeilen»
,
sagte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire am Samstag beim
Treffen der G20-Staaten im japanischen Fukuoka. Es müsse noch in
diesem Jahr Ergebnisse geben. «Wir wissen, es droht weltweit ein
Steuersenkungswettbewerb», sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz.
«Viele große Unternehmen zahlen nicht die Steuern, die sie eigentlich
zahlen müssten, das gilt vor allem für die digitale Wirtschaft.»
Grundsätzliche Zustimmung kam unter anderem aus den USA und China.

Multinationale Digitalriesen wie Google und Facebook zahlen
Schätzungen zufolge nicht einmal halb soviel Steuern wie klassische
Industriebetriebe. Sie haben ihren Sitz meist nur in einem Staat,
erzielen aber durch ihre Nutzer auf der ganzen Welt erhebliche
Einnahmen. Zudem können sie ihre Geschäftstätigkeiten leicht in
Steueroasen verschieben.

«Es bildet sich Konsens, dass wir neue Regeln brauchen», sagte Chinas
Finanzminister Liu Kun. Gemeinsame Koordinierung sei dabei
entscheidend, auch um Doppelbesteuerungen zu vermeiden. «Ein
fragmentierter Ansatz ist nicht gut für irgendwen von uns», sagte
auch US-Finanzminister Steven Mnuchin.

Gleichzeitig kritisierte Mnuchin allerdings Frankreich und
Großbritannien, die mit nationalen Digitalsteuern vorgeprescht waren,
um die internationale Debatte anzuheizen. Die USA hätten da
erhebliche Bedenken. Es sei aber gut, dass dadurch der Druck zu
handeln gestiegen sei.

Die USA hatten bereits zuvor eine eigene Steuerreform verabschiedet,
in der ebenfalls Mindeststeuersätze enthalten sind. Die EU-Staaten
hatten vor allem im vergangenen Jahr versucht, eine eigene
Digitalsteuer zu beschließen, scheiterten aber unter anderem am
Widerstand Irlands, das um die globale Wettbewerbsfähigkeit Europas
fürchtete.

Im Kreis der G20 sowie der Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wird neben der Mindeststeuer
auch die Neuverteilung von staatlichen Besteuerungsrechten
diskutiert.

Vor allem Schwellenländer wie Indonesien und Indien forderten nun,
das in sämtlichen Branchen - nicht nur bei Digitalfirmen - der Ort
der wirtschaftlichen Tätigkeit deutlich wichtiger werden solle. Das
heutige Steuersystem stammt aus dem vergangenen Jahrhundert und
orientiert sich in erster Linie daran, wo Firmen ihre Sitze
beziehungsweise physische Präsenzen haben. Bis 2020 soll es eine
Gesamtlösung zu sämtlichen Fragen geben.

Bei der Regelung zur Mindestbesteuerung werde es zusätzliche
Einnahmen geben, auch für Deutschland, sagte Scholz weiter. Die Höhe
sei noch unklar. Zudem betonte er, dass Deutschlands Interessen als
Exportnation auch bei der Frage der Besteuerungsrechte gewahrt werden
müssten. «Wenn neue Regelungen zur Besteuerung der digitalen
Wirtschaft gefunden werden - und davon kann man jetzt sicher ausgehen
-, werden wir auch erreichen, dass es keine sind, die unsere Steuern,
die wir heute einnehmen, gefährden.»