EuGH-Urteil im Gmail-Streit zwischen Google und Netzagentur

13.06.2019 04:30

Ist Googles Gmail ein Telekommunikationsdienst? Darüber streiten der
US-Konzern und die Bundesnetzagentur seit Jahren. An diesem
Donnerstag spricht das höchste EU-Gericht in dieser Sache ein Urteil.
Es könnte folgenreich sein.

Luxemburg (dpa) - Im jahrelangen Streit zwischen Google und der
Bundesnetzagentur trifft das höchste EU-Gericht am Donnerstag (9.30
Uhr) eine möglicherweise weitreichende Entscheidung. Es geht um die
Frage, ob Webmail-Dienste wie Googles Gmail Telekommunikationsdienste
nach EU-Recht sind (Rechtssache C-193/18).

Damit gingen Verpflichtungen beim Datenschutz sowie der öffentlichen
Sicherheit einher - sprich: Schnittstellen für den Datenzugriff von
Ermittlungsbehörden in gesetzlich geregelten Fällen. Die Netzagentur
will bereits seit 2012 erreichen, dass Google Gmail bei ihr als
Telekommunikationsdienst anmeldet, Google wehrt sich dagegen.

Der EuGH wurde vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
angerufen. Er soll klären, ob Email-Dienste, die über das offene
Internet laufen, ohne den Kunden selbst einen Internetzugang zu
bieten, Telekommunikationsdienste nach EU-Recht sind. Außerdem sollen
die Luxemburger Richter die Frage beantworten, wie das Merkmal
«gewöhnlich gegen Entgelt erbracht» auszulegen ist. Gmail ist in der

Grundversion kostenlos.

Google argumentiert bislang, Webmail-Dienste wie Gmail gehörten nicht
dazu, weil sie das Internet als bestehendes Netz nur nutzten, ohne es
selbst zu betreiben. Zudem vermittele man den Nutzern keinen Zugang
dazu und kontrolliere nicht die Datenübertragung.

Das Verwaltungsgericht Köln hatte die Klage von Google gegen die
Bescheide der Netzagentur in erster Instanz abgewiesen. Im
Berufungsverfahren rief das OVG dann 2018 den EuGH an. Das Urteil im
Streit zwischen der Netzagentur und Google muss das OVG letztlich auf
Grundlage der EuGH-Entscheidung treffen.

Netzagentur-Chef Jochen Homann hatte bereits deutlich gemacht, dass
es ihm nicht nur um Gmail, sondern um die grundsätzliche Regulierung
von Webdiensten geht. Die Abgrenzung zu traditionellen
Telekommunikationsdiensten verschwimme zunehmend, sagte Homann der
«Financial Times» und nannte neben Gmail explizit den Chatdienst
WhatsApp.

WhatsApp wird von vielen Nutzern als SMS-Alternative genutzt. Der zu
Facebook gehörende Dienst ist verschlüsselt und nicht für die
Sicherheitsbehörden zugänglich, da selbst WhatsApp den Inhalt nicht
sieht. Auf herkömmliche SMS haben die Behörden mit richterlichem
Beschluss dagegen einen Zugriff. Die Telekommunikations-Anbieter
mussten dafür Schnittstellen in ihrer Infrastruktur einrichten.