EuGH-Experte sieht Kennzeichnungspflicht für israelische Siedlerwaren

13.06.2019 13:06

Luxemburg (dpa) - Verbraucher müssen nach Einschätzung eines
Rechtsexperten des Europäischen Gerichtshofes darüber informiert
werden, wenn in der EU angebotene Lebensmittel aus von Israel
besetzten Gebieten stammen. Das Unionsrecht verlange für ein
Erzeugnis mit Ursprung in einem von Israel seit 1967 besetzten Gebiet
die Angabe des geografischen Namens dieses Gebiets und gegebenenfalls
die Angabe, dass das Erzeugnis aus einer israelischen Siedlung
stammt, argumentierte Generalanwalt Gerard Hogan in einem am
Donnerstag veröffentlichten Gutachten zu einem laufenden Verfahren.
Die Nichtangabe könne für den Verbraucher irreführend sein.

Hintergrund des EuGH-Verfahrens ist ein Rechtsstreit in Frankreich.
Dort beantragt ein Unternehmen, das auf die Nutzung von Rebflächen in
den von Israel besetzten Gebieten spezialisiert ist, beim Staatsrat
die Aufhebung eines Kennzeichnungserlasses. Grund ist offensichtlich
die Sorge, dass Verbraucher Produkte aus den von Israel besetzten
Gebieten aus politischen Gründen meiden könnten.

Um in dem Fall eine richtige Entscheidung treffen zu können, hatte
der französische Staatsrat den Europäischen Gerichtshof um Rat bei
der Auslegung von EU-Recht gebeten. Dessen Richter werden nun in den
kommenden Monaten abschließend eine Antwort geben. Oft orientieren
sie sich dabei an der Argumentation des Generalanwalts.

Israel hatte 1967 im Sechs-Tage-Krieg unter anderem das
Westjordanland, den Gazastreifen und Ost-Jerusalem erobert. Im
Westjordanland und Ost-Jerusalem leben mittlerweile mehr als 600 000
israelische Siedler. Die Palästinenser fordern die Gebiete für einen
eigenen Staat - mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

Der UN-Sicherheitsrat hatte 2016 einen vollständigen Siedlungsstopp
von Israel gefordert. Siedlungen wurden als Verstoß gegen
internationales Recht und als großes Hindernis für einen Frieden in
Nahost bezeichnet.