Fortschritte beim Eurozonenbudget - zentrale Fragen offen Von Alkimos Sartoros und Arne Bänsch, dpa

14.06.2019 10:31

In seiner Sorbonne-Rede legte Frankreichs Präsident Macron mit der
Idee eines Eurozonenbudgets einen großen Plan vor. Doch längst nicht
alle Euro-Länder waren begeistert. Knapp zwei Jahre später gibt es
endlich Fortschritte - aber auch noch etliche Baustellen.

Luxemburg (dpa) - Die Euro-Finanzminister haben nach einer
Marathonsitzung Fortschritte beim umstrittenen Eurozonenbudget
erzielt, der große Wurf blieb aber aus. «Wir haben eine Reihe kleiner
Schritte unternommen, mehr Arbeit ist aber nötig», sagte
Eurogruppenchef Mario Centeno am Freitagmorgen nach einer gut
15-ständigen Marathonsitzung in Luxemburg. Offen ist vor allem noch,
wie das geplante Budget finanziert werden soll. Auch die genaue Summe
ist noch unklar. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sprach
trotz des mäßigen Fortschritts nach monatelangem Ringen dennoch von
einem «Durchbruch».

Das Eurozonenbudget gehörte ursprünglich zu den Europa-Visionen des
französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Ihm schwebte 2017 ein
Multi-Milliarden-Haushalt ausschließlich für die Euro-Staaten vor. Er
verstand das Budget als Symbol eines großen Aufbruchs für die EU. Das
gemeinsame Währungsgebiet sollte dadurch zudem besser vor künftigen
Finanzkrisen geschützt werden.

Die Griechenlandkrise, in der das hoch verschuldete und
wirtschaftlich schwächelnde Land kurz vor der Staatspleite stand,
hatte den Euro-Staaten unter anderem gezeigt, dass gerade die enormen
wirtschaftlichen Unterschiede zu Finanzschocks führen können, die
auch andere Länder treffen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) signalisierte Macron im
vergangenen Jahr im brandenburgischen Meseberg grundsätzliche
Unterstützung für das Vorhaben. In der Folge arbeiteten Deutschland
und Frankreich einen gemeinsamen Plan aus.

Die EU-Staats- und Regierungschefs verständigten sich im Dezember
2018 grundsätzlich auf die Einführung eines Eurozonenbudgets und
gaben den Finanzministern den Auftrag, Details für einen Haushalt für
die 19 Staaten des gemeinsamen Währungsgebiets auszuarbeiten. Dieser
sollte vor allem zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der
Angleichung der wirtschaftlichen Verhältnisse dienen.

Der Auftrag sei teilweise nicht erfüllt worden, hieß es nun aus
EU-Kreisen. «Den ursprünglichen Vorschlag Macrons eines
schlagkräftigen Haushalts haben die Finanzminister zur
Unkenntlichkeit verwässert», kritisierte der
Grünen-Europaparlamentarier Sven Giegold.

Festgeschrieben ist nun unter anderem, dass das Budget für
Euro-Staaten vorgesehen ist sowie für Länder, die der
Gemeinschaftswährung absehbar beitreten wollen. Bei der Verwendung
der Gelder soll jeweils eine nationale Co-Finanzierung greifen, diese
könnte je nach Umständen variieren.

Die Diskussionen über die Finanzierung des Budgets würden zu einem
späteren Zeitpunkt fortgesetzt, schrieb der niederländische
Finanzminister Wopke Hoekstra im Kurznachrichtendienst Twitter.

Frankreichs Finanzminister Le Maire zeigte sich hingegen zufrieden.
«Wir haben das Eurozonen-Budget geschaffen und uns auf Kernelemente
seiner Struktur und seiner Steuerung verständigt», sagte er. «Zum
ersten Mal beginnen wir, als ein kohärenter Block über die Zukunft
nachzudenken und unsere Wirtschaftspolitik zu koordinieren.» Er
schränkte allerdings ein: «Es ist aber noch ein weiter Weg, vor allem
in der Frage, wie wir das neue Budget finanzieren.» Er unterschätze
die noch anstehenden Herausforderungen nicht.

Nach Jahren des Wachstums hatten sich die Wirtschaftsaussichten für
Europa zuletzt deutlich eingetrübt. Grund ist unter anderem die
Zunahme der Handelsspannungen zwischen den USA und China sowie die
Gefahr eines ungeordneten EU-Austritts Großbritanniens.

Die Finanzminister verständigten sich nun zudem darauf, den
Euro-Rettungsschirm ESM zu stärken, der bislang vor allem Kredite an
pleitebedrohte Staaten gegen Spar- und Reformauflagen vergeben kann.
Im Kern war diese Entscheidung ebenfalls im Dezember getroffen
worden. Nun ging es darum, sie in einen verbindlichen Text zu gießen.

Unter anderem soll der ESM bei Bankenpleiten künftig eine wichtigere
Rolle spielen und die sogenannte Letztsicherung («backstop») für den

Bankenabwicklungsfonds SRF stellen. Dieser dient dazu, dass keine
Steuergelder mehr für die Rettung von Banken verwendet werden. Bis
2024 soll er von den Banken selbst mit mehr als 55 Milliarden Euro
gefüllt werden. Reicht diese Summe bei schweren Krisen nicht aus,
könnte künftig noch der ESM einspringen - frühestens allerdings von
2020 an. Die Ratifizierungsverfahren in den einzelnen Staaten dafür
sollten Ende des Jahres beginnen können.