Innenminister können noch keine Einigung zu Seenotrettung verkünden

18.07.2019 02:45

Gibt es doch noch einen Durchbruch im Streit um die Seenotrettung im
Mittelmeer? Bei einem EU-Innenministertreffen in Helsinki soll an
diesem Donnerstag nichts unversucht gelassen werden. Einer der
erfahrensten Teilnehmer ist allerdings eher pessimistisch.

Helsinki (dpa) - Innenminister der EU-Staaten haben bei Gesprächen in
der finnischen Hauptstadt Helsinki zunächst vergeblich darum
gerungen, sich auf eine Übergangsregelung zur Verteilung von im
Mittelmeer geretteten Migranten zu einigen. Es hätten sich bislang
nicht genügend Länder bereiterklärt, bei einer von Deutschland und
Frankreich vorangetriebenen Initiative mitzumachen, sagte der
luxemburgische Minister Jean Asselborn am späten Mittwochabend der
Deutschen Presse-Agentur. Neben Luxemburg sagten demnach bei dem
Treffen lediglich Portugal und Finnland ihre grundsätzliche
Unterstützung zu.

Hinzu kämen nach derzeitigem Stand noch drei bis vier am Abend nicht
vertretene EU-Staaten, sagte Asselborn. Insgesamt sei man damit bei
nicht einmal zehn Ländern. «Das ist traurig», kommentierte er.

Bundesinnenminister Horst Seehofer äußerte sich am Mittwochabend
zunächst nicht zu den Gesprächen. Sie sollen an diesem Donnerstag
fortgesetzt werden. Der CSU-Politiker hat zuletzt stark für das
Projekt geworben und dringt auf eine schnelle Einigung.

Die geplante Übergangsregelung soll verhindern, dass Italien und
Malta Schiffen mit geretteten Menschen die Einfahrt in ihre Häfen
untersagen. Beide Staaten hatten dies in der Vergangenheit mehrfach
getan, weil sie befürchteten, mit der Verantwortung für die Migranten
von den EU-Partnern alleine gelassen zu werden. Infolge dessen
harrten Menschen auf privaten Rettungsschiffen oft tagelang an Bord
aus, bis eine Lösung gefunden war.

Für Aufsehen sorgte zuletzt vor allem der Fall der «Sea-Watch 3». Die

deutsche Kapitänin Carola Rackete hatte das Schiff Ende Juni nach
tagelangem Warten unerlaubt in einen italienischen Hafen gesteuert,
um dort gerettete Migranten an Land bringen zu können. Gegen sie wird
nun in Italien ermittelt.

Wie der von Deutschland und Frankreich geplante Übergangsmechanismus
genau aussehen könnte, ist bislang nicht bekannt. Seehofer hatte
allerdings bereits kurz vor seiner Abreise nach Helsinki betont, dass
er keine feste Aufnahmequoten bestimmter Länder beinhalten werde.
Damit solle verhindert werden, dass das System «als faktische
Grenzöffnung» begriffen werde.

Seehofer sagte weiter, es sei eine Selbstverständlichkeit, Migranten
vor dem Ertrinken zu retten und sie anschließend in einen sicheren
Hafen zu bringen. Er betonte jedoch: «Das muss nicht zwingend ein
europäischer Hafen sein.» Seehofer lobte ausdrücklich die
Unterstützung Italiens für die libysche Küstenwache.

Von Luxemburgs Minister Asselborn kamen zu diesem Thema am
Mittwochabend hingegen kritische Worte. Aus seiner Sicht müsse man
sich über die Küstenwache sehr große Gedanken machen, sagte er der
dpa. Von den Vereinten Nationen sei zu hören, dass von der libyschen
Küstenwache gerettete Menschen verkauft würden, dass für sie Lösege
ld
gefordert werde, dass sie wie Sklaven behandelt würden oder dass sie
in Militärlager kämen. «Das kann nicht sein, denn wir haben als
Europäische Union Verantwortung dabei», sagte Asselborn.