Aufstand gegen No-Deal-Brexit: Parlament legt Johnson Steine in Weg

18.07.2019 15:57

Noch ist Boris Johnson nicht Premierminister. Doch schon jetzt
formiert sich der Widerstand gegen seinen Kurs auf einen
No-Deal-Brexit. Hat er überhaupt eine Mehrheit im Parlament?

London (dpa) - Das britische Parlament hat den No-Deal-Plänen von
Boris Johnson noch vor dessen erwartetem Antritt als Premierminister
einen kräftigen Dämpfer verpasst. Die Abgeordneten votierten am
Donnerstag mit 315 zu 274 Stimmen mehrheitlich für einen
Gesetzeszusatz, der eine Zwangspause des Parlaments rund um den
geplanten EU-Austritt am 31. Oktober erheblich erschwert.

Damit könnte sich Johnson wohl nicht wie befürchtet über das
Parlament hinwegsetzen, um einen Brexit ohne Abkommen zu erreichen.
Ausgeschlossen ist ein No Deal aber damit noch nicht.

Heikel für Johnson, der bereits als gesetzt gilt für den Posten des
Regierungschefs, sind die knappen Verhältnisse im Parlament. Die
Regierung hat derzeit nur eine Mehrheit von drei Stimmen. Zwei
Abweichler würden ausreichen, um Gesetzesvorhaben zu blockieren oder
die Regierung sogar zu Fall zu bringen.

Das britische Parlament tagt üblicherweise in einjährigen
Sitzungsperioden, die jeweils durch eine Eröffnungszeremonie
eingeleitet werden. Dabei verliest Königin Elizabeth II. das
Regierungsprogramm. Endet eine Sitzungsperiode, wird das Parlament
für eine bis mehrere Wochen geschlossen. In dieser Zeit ruhen alle
parlamentarischen Aktivitäten.

Die Gegner eines No-Deal-Brexits befürchten, Boris Johnson könnte
diese Parlamentspause um den geplanten EU-Austritt Ende Oktober
legen, um eine Intervention der Abgeordneten zu unterbinden. Ein
solcher Schritt wäre höchst umstritten. Dennoch wollte Johnson nicht
ausschließen, sich der sogenannten Prorogation zu bedienen.

Vehikel, um Johnson daran zu hindern, wurde nun ein Gesetz über
Nordirland. Der Landesteil wird derzeit aus London verwaltet, weil
sich die Parteien dort nicht auf eine Regierungsbildung einigen
können. Die britische Regierung vermittelt in dem Streit.

Die No-Deal-Gegner haben nun erzwungen, dass alle 14 Tage dazu ein
Bericht im Parlament vorgelegt werden soll und eine Debatte
stattfindet. Das würde selbst während einer Zwangspause des
Parlaments einen Rahmen schaffen, um gegen einen No-Deal vorzugehen.

Johnson und Außenminister Jeremy Hunt, die um das Amt des
Regierungschefs konkurrieren, wollen beide einen No-Deal-Brexit in
Kauf nehmen, sollte Brüssel keine Zugeständnisse machen. Mit
Äußerungen zu ihren Verhandlungszielen bis zum geplanten EU-Austritt
am 31. Oktober schürten sie zuletzt die Ängste vor einem ungeordneten
Austritt. Der Wert des britischen Pfunds stürzte daraufhin ab.

Theresa May gibt nach drei Jahren ihren Posten als Tory-Chefin und
Premierministerin auf. Sie war drei Mal mit ihrem mit Brüssel
ausgehandelten Brexit-Abkommen krachend im Parlament durchgefallen.