Merkel und Maas begrüßen von der Leyens Vorstoß für Dublin-Reform

19.07.2019 19:36

Die künftige EU-Kommissionschefin will einen Neustart in der
Flüchtlingspolitik. Dabei nimmt sie auch die Dublin-Regeln in den
Blick. Daran jedoch haben sich schon andere die Zähne ausgebissen.

Berlin (dpa) - Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
Leyen will einen neuen Anlauf zur Reform der Flüchtlingsaufnahme in
Europa nehmen. «Ich habe nie wirklich verstanden, warum Dublin mit
der einfachen Gleichung begann: Wo ein Migrant zuerst europäischen
Boden betritt, muss er oder sie bleiben», sagte die CDU-Politikerin
der «Bild»-Zeitung (Freitag). «Wir müssen Dublin reformieren, um me
hr
Fairness und Lastenverteilung zu erreichen.»

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Heiko Maas
(SPD) begrüßten die Ankündigung. Es sei richtig, über eine
Überarbeitung der Dublin-Regeln zu verhandeln, sagte Maas am Freitag
in Florenz. Dieser Schritt sei «nichts anderes als logisch»: «Das ist

eines der Spaltthemen der Europäischen Union.» Man müsse dort endlich

zu Entscheidungen kommen. Auch sein italienischer Kollege Enzo
Moavero Milanesi begrüßte die Schwerpunktsetzung von der Leyens.

Unterstützung kam auch von Merkel. Die Kanzlerin bekräftigte zugleich
vor Journalisten in Berlin, es könne nicht bei jedem Schiff mit
Flüchtlingen erneut über eine Einzellösung verhandelt werden. «Die

Seenotrettung ist für uns nicht nur Verpflichtung, sondern sie ist
ein Gebot der Humanität.»

In dem Interview ließ Leyen erkennen, dass sie das bisherige
Dublin-System zugunsten der Mittelmeerstaaten reformieren möchte.
«Die Migration findet auf dem See- oder Landweg statt. Wir können nur
dann stabile Außengrenzen haben, wenn wir den Mitgliedstaaten, die
aufgrund ihrer Position auf der Karte dem größten Druck ausgesetzt
sind, genügend Hilfe leisten», sagte sie.

Schon unter EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte es
Versuche gegeben, das Dublin-System zu reformieren. Eine Einigung der
28 EU-Staaten auf eine Reform scheiterte bislang aber vor allem an
der Verteilung Asylsuchender auf alle Länder. Mitgliedstaaten wie
Ungarn und Polen wollen sich nicht dazu verpflichten lassen,
Migranten aufzunehmen. Nach den derzeit gültigen Dublin-Regeln ist
jenes Land für ein Asylverfahren zuständig, in dem ein Migrant zum
ersten Mal EU-Boden betritt.

Von der Leyen, die ab 1. November Kommissionspräsidentin sein wird,
will die Flüchtlingspolitik zu einem Schwerpunkt ihrer Amtszeit
machen. Bereits vor ihrer Wahl am Dienstag hatte sie sich für einen
Neustart der festgefahrenen Verhandlungen starkgemacht und einen
«Neuen Pakt für Migration und Asyl» vorgeschlagen. Dem «Spiegel»

(Freitag) sagte sie: «Mehr Beamte für die Grenzschutzagentur Frontex,
mehr Hilfe für Afrika, die Verteilungsfrage - die Instrumente liegen
alle auf dem Tisch.» Es gehe jetzt darum, «Mehrheiten dafür zu
finden».

Besonders in der Kritik standen zuletzt die katastrophalen
Bedingungen in libyschen Flüchtlingslagern. Deutschland kündigte am
Freitag an, seine humanitäre Hilfe für Flüchtlinge und Migranten in
dem nordafrikanischen Land aufzustocken. Die Lage für diese Menschen,
insbesondere in den Internierungslagern sei «völlig inakzeptabel»,
erklärte Maas. «Wir müssen diesen Zuständen dringend abhelfen.»

Demnach wird der Beitrag für das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten
Nationen (UNHCR) für Libyen um zwei Millionen Euro auf insgesamt fünf
Millionen Euro aufgestockt. In den Lagern mangelt es an Toiletten,
Duschen, Essen und Trinken, und die Menschen werden nach Berichten
von UN und Hilfsorganisationen teilweise misshandelt.

Die EU-Kommission teilte unterdessen mit, dass sie ein 1,4 Milliarden
Euro schweres Hilfspaket zugunsten von Syrien-Flüchtlingen in der
Türkei bewilligt hat. Das Geld werde vor allem dazu beitragen, die
Gesundheitsversorgung und den sozialen Schutz der Menschen zu
gewährleisten, hieß es. Zudem sollten Regionen mit besonderes vielen
Flüchtlingen Mittel für den Ausbau der kommunalen Infrastruktur
erhalten. Die 1,4 Milliarden Euro werden aus dem Geldtopf gezahlt,
der der Türkei im Zuge des 2016 geschlossenen Flüchtlingspakts
versprochen wurde.